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Der Traum von Rio

nh; 18. Jan 2014, 09:30 Uhr
Bild: privat --- Eigentlich ist Timo Seynsche (mit Ball) ein Abwehrspezialist und agiert als Zuspieler. Das er aber auch als Angreifer eingesetzt werden kann, bewies er jüngst bei einem Turnier in Hockenheim, welches Bayer Leverkusen souverän gewann.
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Der Traum von Rio

nh; 18. Jan 2014, 09:30 Uhr
Nümbrecht - Timo Seynsche wurde mit einer Behinderung am Bein geboren, spielt aber seit Jahren leistungsmäßig bei Bayer Leverkusen Sitzvolleyball - Paralympics 2016 sind sein Ziel, wofür er mehrmals die Woche trainiert und häufig in die Niederlande fährt.
Von Nils Hühn

Timo Seynsche kommt aus Nümbrecht und liebt Sport. Dass er mit einer Behinderung am rechten Bein auf die Welt gekommen ist, stört ihn dabei überhaupt nicht. Vor ungefähr sieben Jahren meldete ihn seine Mutter beim SSV Nümbrecht Volleyball an, wo der 21-Jährige auch ohne Weiteres mit den anderen mitspielen konnte. „Doch es wurde mir auch schnell klar, dass ich dort nicht in höhere Spielklassen aufsteigen kann“, erklärte Seynsche. Dennoch nahm er als Zuspieler an Meisterschaftsspielen der Herrenmannschaft der SG Becketal/Nümbrecht teil. In ihm reifte dann der Gedanke, sich sportlich weiterzuentwickeln. Ein Nümbrechter Verantwortlicher stellte den Kontakt zu Bayer Leverkusen her, die Sitzvolleyball als Leistungssport betreiben.

Sitzvolleyball wird im Prinzip genauso gespielt wie das klassische Volleyball: man pritscht, baggert, blockt und schlägt. Die Mannschaft besteht aus sechs Spielern, die zeitgleich auf dem Feld sitzen. Aber natürlich ist das Feld kleiner und das Netz tiefer. „Das Spiel wurde extra für Menschen mit Behinderungen an den unteren Extremitäten entwickelt, doch kann es ohne Probleme auch von Menschen ohne eine solche Behinderung gespielt werden“, erklärt Seynsche. „Dadurch ist es eine sehr integrative Sportart, die perfekt die Idee der Inklusion lebt.“


Vor mittlerweile zwei Jahren nahm der 21-Jährige an einem Probetraining in Leverkusen teil und konnte überzeugen - der junge Nümbrechter wurde ins Team aufgenommen. „Nach den Paralympischen Spielen in London, in denen die deutschen Sitzvolleyballer durch eine starke Leistung die Bronzemedaille gewonnen hatten, habe ich mir selber das Ziel gesetzt, nach Rio 2016 zu kommen, um auch einmal paralympische Luft zu atmen und vielleicht wieder eine Medaille zu gewinnen“, erzählt Seynsche von seinem Traum. Dafür trainiert er derzeit drei bis vier Mal in der Woche.

Da es in Deutschland keine Bundesliga gibt, sondern nur in unregelmäßigen Abständen Turniere stattfinden, ist Leverkusen mit dem niederländischen Verein BGV Holyoke eine Spielgemeinschaft eingegangen. Jetzt spielt Seynsche in der Ehrendivision und konnte dort bereits überzeugen. Sein Hobby nimmt aber auch viel Zeit in Anspruch. Jeden Freitag geht es nach der Arbeit mit dem Mannschaftsbus ins Nachbarland, um am Abend zu trainieren. Die Leverkusener übernachten in den Niederlanden, um dann am Samstag ihr Ligaspiel zu bestreiten. „Es ist schon sehr zeitaufwendig“, gesteht Seynsche.

Über den Sport hat er auch einen Ausbildungsplatz bekommen. Der 21-Jährige will Bürokaufmann werden. Sollten Trainingseinheiten oder Turniere während der Arbeitszeit anstehen, wird er dafür freigestellt. Seit vergangenem Mai wohnt er auch in Leverkusen, damit er nicht noch mehr Zeit für seine Leidenschaft opfern muss. In den vergangenen Jahren wurde er auch schon zu mehreren Lehrgängen der Nationalmannschaft eingeladen, aber in den Kader für die diesjährige Weltmeisterschaft schaffte er es nicht. Derzeit sieht er seine Chancen auf die Teilnahme an den Paralympischen Spielen in Rio de Janeiro bei 20 Prozent. „Aber spätestens 2020 bin ich dabei“, gibt sich der Sportler kämpferisch.
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