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Den belasteten Alltag unbeschwerter meistern

us; 7. Nov 2017, 20:22 Uhr
Bild: Ute Sommer --- Sie alle sitzen beim Projekt 'Drachenflieger' in einem Boot: v.l. Dirk Rademaker, Heike Mühlenbeck, Dr. Maike Möller, Sascha Klein (Geschäftsführer Klinikum Oberberg), Thomas Ruffler (Assessor des ev. Kirchenkreises an der Agger), Christian Gröger (Leiter der Beratungsstelle für Erziehungs-, Familien-, Ehe-und Lebensfragen) Heinz Thelen (Leiter Kreis- Kreisjugendamt) und Claudia Kunczik.
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Den belasteten Alltag unbeschwerter meistern

us; 7. Nov 2017, 20:22 Uhr
Oberberg - Mit dem neuen Projekt 'Drachenflieger' erweitern die Kooperationspartner des Evangelischen Kirchenkreises an der Agger, des Oberbergischen Kreises, sowie des Klinikums Oberberg das Erziehungsberatungs-Angebot für psychisch kranke und suchtkranke Eltern und deren Kinder.
Von Ute Sommer

Die Situation von Kindern psychisch kranker und suchtkranker Eltern war bis in die Gegenwart hinein kaum Gegenstand der Kinder- und jugendpsychiatrischen Forschung oder stand im Fokus der Beratungsstellen. Neben der extrem belastenden Alltagswirklichkeit tragen gerade sie statistisch gesehen ein drei bis vierfach erhöhtes Risiko, im späteren Leben selbst psychisch zu erkranken. Aus Scham, Angst oder falsch verstandener Loyalität wagen es die Kinder nicht, sich dritten anzuvertrauen, fühlen sich oft sogar verantwortlich für die Erkrankung der Eltern.


Um diesem bisher komplett ignorierten Missstand zu beheben und Entlastung für betroffene Familien und Kinder vor Ort zu bieten, richteten der evangelische Kirchenkreis an der Agger, der Oberbergische Kreis und das Klinikum Oberberg nun eine offene Elternsprechstunde ein und hoben parallel dazu das Projekt "Drachenflieger" aus der Taufe. "Es sind Versäumnisse aus Jahrzehnten, die wir jetzt Schritt für Schritt aufarbeiten müssen", betonte Dr. Maike D. Möller, Chefärztin, FÄ Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum Oberberg, bei der Vorstellung des neuen Konzeptes.

Seit September 2017 führen Sozialpädagogen und Psychologen der Waldbröler Beratungsstelle für Erziehungs-, Familien-, Ehe-und Lebensfragen, die der Diakonie des Kirchenkreises angeschlossen ist, im örtlichen Kreiskrankenhaus alle 14 Tage offene Elternsprechstunden für Patienten und deren Angehörige durch. Der Bedarf ist offensichtlich groß, denn "die ersten vier Nachmittage waren komplett ausgebucht", berichtete Diplom-Psychologin Heike Mühlenbeck, die als Mitarbeiterin im "Haus für Alle" die Gespräche führt.  

Sollte man mit Kindern offen über die Erkrankung reden? In welcher Sprache, mit welchen Worten vermittelt man die Befindlichkeiten? Wo finden Familien weiterführende Hilfsangebote? Im Schutzraum des niederschwelligen Angebotes dürfen sämtliche Fragen und Unsicherheiten bezüglich der gesundheitlichen Probleme besprochen und mit Hilfe kompetenter Gesprächspartner erörtert werden. Als Gruppenleiter der neu ins Leben gerufenen Kindergruppe „Drachenflieger“ entwickelten die Diplom-Sozialpädagogen Claudia Kunczik und Dirk Rademaker die Kursinhalte, in denen die acht- bis elfjährigen Kinder frühzeitige Unterstützung erfahren, um ein später unbelastetes Leben führen zu können.

Dazu zählen sowohl die kindgerechte Thematisierung der psychischen Erkrankung, die Überwindung von Sprachbarrieren und Isolation, der achtsame Umgang mit eigenen Sorgen und Bedürfnissen, die Aktivierung vorhandener Stärken, die Förderung des Selbstvertrauens und natürlich Spaß und gemeinsame Aktivitäten. "Wir machen uns erprobte Module zu Nutze, passen sie gegebenenfalls individuell auf unsere Kinder an", versprechen die Verantwortlichen eine ausgewogene Mischung von Psychoedukation, Bewegung und Entspannung.

Der erste Kurs für Mädchen und Jungen deren Elternteil psychisch krank oder suchtkrank ist, beginnt am Donnerstag und läuft über zehn Nachmittage im Waldbröler „Haus für Alle“. Die Beratungen und das Gruppenangebot sind für die Familien kostenlos und unterliegen der Schweigepflicht. Interessierte können sich jederzeit für die Folgekurse anmelden. Weitere Information unter www.ekagger.de oder beim Sekretariat im „Haus für Alle“ unter Tel.: 02291/40 68.
  
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