Archiv

Kriminelles Vorgehen und suboptimale Informationskette

db; 16. Apr 2015, 14:43 Uhr
Archivbild.
ARCHIV

Kriminelles Vorgehen und suboptimale Informationskette

db; 16. Apr 2015, 14:43 Uhr
Wipperfürth – Mit den Ursachen und künftigen Schutzmaßnahmen nach dem Austritt von 1.700 Kubikmetern Gülle beschäftigte sich der Umweltausschuss des Kreises in einer Sondersitzung.
Der Gülleaustritt vor knapp vier Wochen auf einem Hof in Halver-Kotten, durch den 1,7 Millionen Liter Gülle in den Neyebach und schließlich in die Neyetalsperre geflossen sind, ist eine beispiellose Umweltkatastrophe. Dies sagten gestern Nachmittag gleich mehrere Experten bei der Sondersitzung des Umweltausschusses des Kreises, die auf Antrag der SPD-Fraktion einberufen worden war. Im Wipperfürther Rathaus sollten einige Fragen geklärt werden. Im Kern diese drei: Wer ist schuld? Wer zahlt die Kosten? Und wie kann so etwas in Zukunft verhindert werden?

Die Hauptschuld schien für einige Ausschussmitglieder bereits erwiesen. Der Landwirt aus Halver-Kotten wurde mehrfach als schwarzes Schaf bezeichnet. Die offiziellen Ermittlungen dauern aber noch an. Der Märkischen Kreis, wo sich der Hof befindet, trage eine Mitschuld, denn mit dem betreffenden Landwirt habe es bereits mehrfach Probleme gegeben, auf die nicht ausreichend reagiert worden sei.



Überhaupt wurden das Verhalten und die Zusammenarbeit der beteiligten Behörden infrage gestellt. Nach Angaben von Mike Giera vom Talsperren-Eigentümer EWR GmbH wurde die Bezirksregierung bereits nach dem ersten Gülle-Zwischenfall auf dem Hof im vergangenen November informiert. „Die Gülle-Behälter dort waren randvoll. Die Bezirksregierung hat unsere Sorgen aber nicht geteilt.“ Umweltalarm habe der Märkische Kreis erst fünf Tage nach dem Unfall ausgelöst. „Wir hatten das Gefühl, wir müssen die Behörden koordinieren“, so Giera. Ein Vertreter des Märkischen Kreises war nicht bei der Sondersitzung. Ralf Wurth (SPD) sprach von einer „suboptimalen Informationskette“.

Für den Schaden sind dem Kreis nach Auskunft von Umweltdezernent Dr. Christian Dickschen bislang keine Kosten entstanden. Dem Wupperverband allerdings schon. Mindestens einen sechsstelligen Betrag wird die Beseitigung der Schäden kosten. Es wird wohl ein Fall für die Haftpflichtversicherung des Betreibers EWR GmbH, der auch Anzeige bei der Polizei erstattet hat. Einen solchen Fall in Zukunft zu verhindern, wird indes schwierig. Die Koordination der Behörden soll zwar auf den Prüfstand, letztlich wird aber derzeit von einer kriminellen Handlung ausgegangen, die den Gülleaustritt vorsätzlich herbeigeführt hat. Claudia Klerx (Wupperverband): „Bei kriminellen Handlungen kann es nie hundertprozentige Sicherheit geben.“

Kritik gab es auch am sogenannten Gülletourismus, bei dem Landwirte überschüssige Gülle aus anderen Regionen oder Ländern gegen Geld annehmen und auf den Feldern verteilen. Im Oberbergischen sei dies aber nicht der Fall, wie Ursula Jandel von der Landwirtschaftskammer in Lindlar erklärte. Gülleimporte seien hier notwendig, da die Tierhaltung im Oberbergischen nicht ausreiche, um den Eigenbedarf der Landwirte zu decken. Heinrich Spitz von der Landwirtschaftskammer berichtete über die Kooperation zwischen Landwirtschaft und Wasserwirtschaft zum Schutz der Gewässer. 290 landwirtschaftliche Betriebe beteiligen sich.

In den Antworten auf eine Anfrage der SPD zur Sitzung finden sich weitere Informationen: Demnach werden im weiteren Jahresverlauf vor allem Tierarten im beeinträchtigten Naturschutzgebiet, die direkt über die Nahrungskette an das Gewässer gebunden sind, betroffen sein. Grundwasserschäden sind nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten.

Weitere Artikel zum Thema

Neyetalsperre: Gewässer-Tod durch Gülleunfall?

Gülle-Blase schlummert in 18 Metern Tiefe

Gülle-Blase wird abgesaugt

Regen verhinderte Behandlung des Gülle-Wasser-Gemischs
WERBUNG