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Ein Beschluss, der weh tat

fj; 1. Mar 2018, 10:59 Uhr
Bild: privat.
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Ein Beschluss, der weh tat

fj; 1. Mar 2018, 10:59 Uhr
Engelskirchen – Bewohner der Straßen „Saure Wiese“ und „Am Hagen“ werden an den gestiegenen Kosten für die Straßenerneuerung beteiligt – Anwohner machten die für sie „vorteilhafte Abrechnungspraxis“ ungewollt zunichte.
Es sei ein Beschluss, der im Herzen weh tut, sagte Doris Schuchardt, Fraktionsvorsitzende der SPD Engelskirchen, und sprach damit wohl allen Ratsmitgliedern aus dem Herzen. Dennoch müsse man sich an Verordnungen halten: So stimmte der Engelskirchener Rat in seiner gestrigen Sitzung einstimmig dafür, die Kanalisation der Straßen „Saure Wiese“ und „Am Hagen“ zu erneuern und diese in diesem Zuge grundhaft zu sanieren. Dies führt mit sich, dass die Grundstückseigentümer an den Kosten zu beteiligen sind – und das sorgte für eine Empörung bei den Anwohnern, die zahlreich zur Sitzung erschienen waren, wie man sie im Engelskirchener Ratssaal wohl selten erlebt hat. Bei allem Verständnis für die Wut der Anwohner blieb dem Rat daher am Ende keine andere Möglichkeit, als dem Publikum das Wort zu entziehen. Enthalten hat sich der Diskussion und Abstimmung Bürgermeister Dr. Gero Karthaus, da er selbst Anwohner ist.

Der Grund für die Empörung: Entgegen der zunächst veranschlagten 6 € pro Quadratmeter werden die Bürger mit 9,40 pro Quadratmeter zur Kasse gebeten. Dies liege zum einen an der Kostensteigerung in der Baubranche, führte Fachbereichsleiter Baldur Neubauer aus, zum anderen an einem Hinweis der Kommunalaufsicht: Im März 2017 hat sich ein Anlieger der Straße „Am Hagen“ an den Petitionsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen gewandt: Im Vergleich mit anderen Straßenbaumaßnahmen sah er die Anwohner der Straßen „Saure Wiese“ und „Am Hagen“ unverhältnismäßig schwer belastet. Nach Prüfung und Beratung lautete das Urteil des Petitionsausschusses jedoch, dass die Erhebung von Beiträgen für Straßenbaumaßnahmen durch die Gemeinde Engelskirchen der Rechtslage entspricht und es nichts zu beanstanden gibt.



Nun sehen die Behördenstrukturen und Dienstwege aber vor, dass der Petitionsausschuss Stellungnahmen bei der Gemeinde einholt, die auch dem Kreis als Kommunalaufsicht vorgelegt werden müssen. So wurde der Kreis darauf aufmerksam, dass die Gemeinde eine „für den Straßenbaubeitragszahler vorteilhafte Abrechnungspraxis“ gewählt habe: So sollte bei der gemeinsam durchgeführten Straßen- und Kanalbaumaßnahme das Gemeindewerk Abwasserbeseitigung die Kosten für Straßenaufbruch und -wiederherstellung im Kanalgrabenbereich komplett übernehmen. Dadurch würden aber alle Abwassergebührenzahler der Gemeinde zu hoch belastet. „Nach diesem Hinweis mussten wir die Abrechnungspraxis ändern, um uns nicht juristisch angreifbar zu machen“, erklärte Neubauer, warum eine Kostensteigerung notwendig geworden war.

Mit diesen Ausführungen gaben sich die Anwohner aber noch längst nicht zufrieden. Sie sahen sich einem Skandal ausgesetzt, der in seinen Ausmaßen dem Dieselskandal gleich komme. Dass die Verwaltung die betroffenen Bürger am 14. März erneut zu einer Bürgerversammlung (18 Uhr, Ratssaal) einlud sowie Einzelberatungstermine und individuelle Finanzierungsmodelle anbot, konnte die Wogen da auch nicht mehr glätten.
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