Archiv

Merkwürdiger Prozess mit vielen offenen Fragen

nh; 18. Oct 2018, 16:10 Uhr
Archivbild.
ARCHIV

Merkwürdiger Prozess mit vielen offenen Fragen

nh; 18. Oct 2018, 16:10 Uhr
Oberberg - Ein 23-jähriger Bergneustädter musste sich vor dem Amtsgericht Gummersbach wegen diverser Anschuldigungen verteidigen - Letztlich zahlt der junge Mann 400 € an den Tierschutzverein Oberberg.
Von Nils Hühn

Ein sehr verworrener Fall wurde heute vor dem Amtsgericht Gummersbach verhandelt. Angeklagt war ein 23-jähriger Bergneustädter. Seine 19-jährige Ex-Freundin gab als Zeugin an, dass sie die mehrmonatige Beziehung im Februar 2018 beendet hatte. Am 5. April habe sich der Bruder des Angeklagten bei der 19-Jährigen gemeldet und die beiden verabredeten ein Treffen. Die Frau holte den Bruder am Abend mit ihrem Golf ab und sie fuhren nach Baldenberg, um dort auf dem Parkplatz miteinander zu reden. Rund zehn Minuten später krachte ein Hyundai gegen die Fahrerseite und aus dem Auto heraus schlug der Angeklagte vom Beifahrersitz mit einer Brechstange die Scheibe auf der Fahrerseite  des Golfs ein. Wortlos brausten die Insassen des Hyundai davon.

Die Geschädigte gab an, dass der Bruder schockiert gewesen sei und ihr anschließend bei der Reinigung des Autos half. Sie rief währenddessen die Polizei. Als diese eintraf, hatte sich der Bruder ihres Exfreundes bereits entfernt. Den Fahrer will die 19-Jährige auch erkannt haben: Es soll sich um die Ehefrau ihres Ex-Freundes gehandelt haben. Die beiden haben drei Kinder, leben aber voneinander getrennt. Der Hyundai ist auf die Gattin zugelassen. Warum die Ehefrau nicht als Angeklagte, sondern nur als Zeugin vor Gericht erschien, war unklar. Ohnehin wirkte der Prozess zu Beginn ein wenig unorganisiert: Von den sieben geladenen Zeugen wurden fünf, ohne angehört zu werden, wieder entlassen. Der Bericht des Unfall-Gutachters befand sich nicht in der Gerichtsakte.

Der 23-jährige Bergneustädter, der immer wieder selbstbewusst ins Publikum grinste, gab zu, dass er als Beifahrer in dem Hyundai saß. Weitere Angaben, ob das Auto den Golf gerammt hatte oder wer das Auto fuhr, machte er nicht. Er gab jedoch zu, mit einem metallischen Gegenstand gegen die Autoscheibe des VW auf der Fahrerseite geschlagen zu haben. Als Zeugen angehört wurden die Ehefrau, die das Tatfahrzeug gesteuert haben soll, sowie der Bruder des Angeklagten, der zur Tatzeit im Auto der Geschädigten saß. Beide machten von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Schließlich äußerte sich noch der Sachverständige. Dieser konnte anhand von Bildern und zwei Modellautos den Unfallhergang nachstellen. Aus seiner Sicht ist es zweifelsfrei, dass der Hyundai den Golf rammte. Da die Intensität stärker statt schwächer wurde, vermutete er, dass die Kollision beabsichtigt war. Während der Ausführungen des Sachverständigen gestikulierte der Verteidiger immer wieder zum Publikum und machte Faxen in Richtung der Bekannten des 23-Jährigen.

Als die Beweisaufnahme abgeschlossen war, sah die Oberstaatsanwältin nach § 153a der Strafprozessordnung von der Erhebung einer öffentlichen Klage ab. Da der Angeklagte von Hartz 4 lebt, fand die Staatsanwaltschaft eine Zahlung von 400 € an eine gemeinnützige Organisation für die eingestandene Sachbeschädigung für angemessen. Gericht und der Beschuldigte stimmten diesem Verfahren zu. Bis Ende des Jahres muss der 23-Jährige das Geld an den Tierschutzverein Oberberg zahlen. Offensichtlich zufrieden mit dem Ergebnis der Verhandlung, verließen Freunde und Familie das Gerichtsgebäude.

Zu dieser Meldung werden keine Leserkommentare freigeschaltet.
WERBUNG