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'Die Straßen sahen aus wie Flüsse'

nh; 30. May 2018, 12:25 Uhr
Bild: Martin Hütt --- Die Wassermassen konnten nicht mehr über das Kanalsystem abgeführt werden und suchten sich ihren Weg - viel Arbeit für die rund 250 Einsatzkräfte.
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'Die Straßen sahen aus wie Flüsse'

nh; 30. May 2018, 12:25 Uhr
Oberberg - Das gestrige Gewitter setzte die komplette Wipperfürther Innenstadt unter Wasser - Feuerwehrchef Peter Rothmann hat eine derartiges Unwetter noch nicht erlebt - Kreisbrandmeister und Bürgermeister danken den Einsatzkräften (AKTUALISIERT).
Von Nils Hühn

Trotz seiner jahrzehntelangen Erfahrung als Feuerwehrmann hatte Wipperfürths Wehrleiter Peter Rothmann ein solch heftiges Starkregenereignis noch nicht erlebt. Gestern Nachmittag setzte ein Gewitter den Kreisnorden unter Wasser (OA berichtete) Als die ersten Notrufe eingingen, war Rothmann noch im Rathaus beschäftigt und machte sich sofort auf den Weg zur Feuerwache. „Die Straßen sahen aus wie Flüsse“, war der Feuerwehrchef froh, überhaupt an der Wache anzukommen. Dort stand das Faxgerät, über das die Einsätze ankommen, nicht mehr still. Auch solch eine Häufung an Notrufen war Rothmann noch nicht unterkommen. Insgesamt verzeichnete man in der Hansestadt 93 Einsätze, weshalb man überörtliche Unterstützung anforderte, um der Lage Herr zu werden.

Insgesamt waren zwischen 15:30 und 23:30 Uhr 174 Feuerwehrleute im Einsatz. Neben den Wipperfürther Kräften gab es Unterstützung von den Feuerwehren aus Engelskirchen, Lindlar, Hückeswagen und Marienheide. „Alle Kameraden haben fantastische Arbeit geleistet. Alle standen zusammen und haben alles gegeben“, sprach Rothmann den Einsatzkräften seinen Dank aus. „Nur so konnten wir alle Einsätze bis Mitternacht beenden.“ Nun liegt es an den Privatpersonen, die Schäden zu beseitigen. Der Wipperfürther Bauhof ist im Stadtgebiet unterwegs, um die städtischen Anlagen zu reinigen.

Am heftigsten hatte das Unwetter die Innenstadt getroffen. An der Gaulstraße oder Unteren Straße liefen zahlreiche Keller und Garagen voll und mussten leer gepumpt werden. Der Raiffeisenmarkt und die dortige Tankstelle sowie die Helios Klinik (OA berichtete) waren durch das Gewitter ebenfalls stark betroffen. Eine Einschätzung, wie hoch der Schaden ist, kann noch nicht getroffen werden. Zusammengerechnet wird der Versicherungsschaden aber in den Millionenbereich gehen. „Gott sei Dank ist niemandem etwas passiert“, meinte Rothmann, als er nach Mitternacht nach Hause kam.

Während der Feuerwehrchef auf der Wache die Einsätze koordinierte, lief auch Wasser in seinen Keller in Kreuzberg. „Zum Glück drückte nur wenig Wasser unter der Kellertür ins Haus“, war Rothmann froh. Ähnlich erging es vielen Kollegen, die während der Hilfeleistung für andere auch zuhause hätten tätig werden können. Denn auch wenn das Unwetter am heftigsten über der Innenstadt wütete, waren ebenfalls die vielen Dörfer um die Hansestadt herum von dem Gewitter betroffen.

Wipperfürths Bürgermeister Michael von Rekowski befand sich beim Einsetzen des Starkregens auf dem Weg vom Rathaus zur Haupt- und Finanzausschusssitzung und damit in seinem Auto mitten in der City. „Solche Wassermassen kann keine Kanalisation bewältigen“, berichtete der Rathauschef, dass im Zuge der Kanalsanierung die Rohre um zehn Zentimeter im Durchmesser vergrößert wurden. „Das Zusammenspiel der Rettungskräfte und der Bauhof-Mitarbeiter hat gut funktioniert, sodass der Schaden zumindest abgemildert wurde.“

In der Wipperfürther Innenstadt sei man Hochwasser gewohnt, sodass die meisten Kellerräume entsprechend ausgerüstet seien. Dennoch sprach er von „dramatischen Zuständen“. Ein Erdrutsch, weggebrochene Stützmauern oder eingestürzte Brücken gab es nicht zu beklagen. „Am Tag nach dem Unwetter ist in der Innenstadt nichts mehr von dem Ereignis zu sehen“, hatte sich Michael von Rekowski heute Vormittag selbst ein Bild gemacht. „Die Menschen flanieren bei bestem Wetter durch die City“, bedankte sich der Bürgermeister bei allen Helfern und hofft, dass die jeweiligen Schäden gering ausfallen.

Kreisbrandmeister Frank-Peter Twilling zog ebenfalls ein positives Fazit. „Es hat sich gezeigt, dass unser System funktioniert“, hatte die Leitstelle unmittelbar nach der Erhöhung der Warnstufe die Meldeköpfe der Wachen in Radevormwald und Wipperfürth besetzt. So war gewährleistet, dass die knapp 150 Einsätze in den beiden Städten schnellstmöglich abgearbeitet werden konnten. „Es ist interessant, wie punktuell diese Gewitterzellen sind. In den benachbarten Kommunen Hückeswagen und Marienheide gab es je einen wetterbedingten Einsatz“, erklärte Twilling.

Auch für ihn sei die wichtigste Nachricht, dass es keine Verletzten zu beklagen gab. Ebenfalls froh stimmte ihn der Ablauf der gesamten Maßnahme. „Wir hätten sogar noch aufstocken können“, war das Technische Hilfswerk in Bereitschaft versetzt worden. Zwischen 60 und 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter wurden im Kreisnorden verzeichnet. Ähnliche Mengen, wie beim Jahrhundert-Hochwasser 2001, allerdings war damals ein größeres Gebiet betroffen. Neben dem Dank an die rund 250 Rettungskräfte lobte der Kreisbrandmeister auch die Medienarbeit: „Die Presse wurde professionell informiert“, soll auch zukünftig ein Pressesprecher während einer großen Schadenslage Ansprechpartner im Notfallzentrum Kotthausen sein.

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