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Starkregen: Bach floss mitten durch die Firma

nh; 11. Apr 2018, 16:55 Uhr
Bilder: Leif Schmittgen --- Zwischen 19 Uhr am Dienstagabend und Mittwochmorgen 3 Uhr versuchten Mitarbeiter der Firma Eaton in Gummersbach-Niedernhagen zusammen mit Rettungskräften von Feuerwehr und THW den Wassermassen Herr zu werden.
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Starkregen: Bach floss mitten durch die Firma

nh; 11. Apr 2018, 16:55 Uhr
Oberberg - Zwei Gewitter zogen gestern Abend über das Oberbergische hinweg - Hunderte Rettungskräfte bei 40 Einsätzen beschäftigt - Firma Eaton in Gummersbach am stärksten betroffen - Keine Verletzten (AKTUALISIERT).
Von Nils Hühn

April, April, der macht, was er will. Nach einem herrlichen Frühlingswochenende bildeten sich gestern Abend dunkle Wolken. Insgesamt zogen binnen kürzester Zeit zwei starke Gewitter über das Kreisgebiet und richteten dabei schwere Schäden an. Besonders die großen Wassermassen sorgten für Probleme. „Dabei war die Menge partiell sehr unterschiedlich“, berichtete Hubert Scholemann, Abteilungsleiter Fließgewässer beim Aggerverband. Von dem Unwetter war zwar nahezu das gesamte Kreisgebiet betroffen, aber die heftigsten Auswirkungen wurden in der Kreismitte verzeichnet. Glücklicherweise gab es keine Verletzten zu beklagen.


[Durch eine Verstopfung trat der Bach in Niedernhagen über die Ufer und setzte die Firma Eaton unter Wasser.]

„In einem Band von der Innenstadt durch das Aggertal bis zur Aggertalsperre gab es Starkregen mit Hagel sowie viele Blitzeinschläge“, erklärte Gummersbachs Feuerwehrchef Detlef Hayer. Der erste Notruf ging um 18:20 Uhr auf der Rettungsleitstelle in Marienheide-Kotthausen ein. Dabei handelte es sich meist um überflutete Straßen, vollgelaufene Keller, kleinere Erdrutsche, umgestürzte Bäume oder Störungen aufgrund von Blitzeinschlägen, teilte der Oberbergische Kreis mit. Den ersten größeren Einsatz hatte die Gummersbacher Feuerwehr im Kaufpark an der Wiesenstraße.

Wie Detlef Hayer berichtete, verstopften Schwebteilchen die Verrohrung auf dem Dach des Lebensmittelgeschäfts. Die großen Wassermassen suchten sich einen Weg ins Innere des Gebäudes und Teile der Zwischendecke stürzten in den Verkaufsbereich. Nachdem die Verstopfung beseitigt war, mussten die Einsatzkräfte wieder weiter. Die Kaufpark-Mitarbeiter entfernten die Schäden über Nacht und bereits heute Morgen wurde das Geschäft wieder geöffnet. Durch zahlreiche Blitzeinschläge wurden etliche Brandmeldeanlagen ausgelöst. In einem Gewerbegebiet in Radevormwald lösten sechs Brandmeldeanlagen von verschiedenen Firmen gleichzeitig aus.



Den größten Einsatz gab es derweil in Gummersbach-Niedernhagen. Unter dem Werksgelände der Firma Eaton fließen gleich zwei Bäche her. Ein Bachlauf erhielt erst kürzlich eine neue Verrohrung. Hier gab es keine Probleme. Bei dem anderen Bachlauf wurde das „Einlaufbauwerk durch mitgeschwemmte Äste und Laub verstopft“, erklärte Scholemann. Das Wasser stieg in der Folge an und schwappte schließlich über eine Mauer. Hayer: „Es gab eine richtige Flutwelle.“

Bei normalen Hochwasserereignissen fließt das Wasser relativ kontrolliert durch eine Werkshalle. Doch gestern Abend waren die Wassermassen wesentlich größer. Ein Parkplatz stand binnen kürzester Zeit unter Wasser und zwei Autos reichte das Nass bis zur Windschutzscheibe. „Wir mussten den Rückzug antreten und unsere eigenen Fahrzeuge vor einem Wasserschaden retten“, erklärte Hayer. Bis zu einem Meter hoch stand das Wasser schließlich in verschiedenen Hallen der Firma. „Da auch Heizungsräume betroffen waren, wurde die Untere Wasserbehörde eingeschaltet“, so Hayer. Im letzten Augenblick schaltete ein Mitarbeiter des Energieversorgers AggerEnergie manuell die Stromversorgung ab.


[Bild: OA-Leserin Lisa Nowak (Reichshof) --- Durch zahlreiche Blitzeinschläge kam es zu Schwankungen im Stromnetz.]

Nachdem die Verstopfung beseitigt wurde, lief das Wasser wieder kontrolliert ab. Mit einer Hochleistungspumpe des Technischen Hilfswerks, die 6.000 Liter Wasser pro Minute abpumpen kann, wurden die Wassermassen schließlich beseitigt. Allein dies dauerte rund zwei Stunden. Bis 3:30 Uhr waren die Einsatzkräfte in Niedernhagen im Einsatz. Von der Feuerwehr Gummersbach waren alle Einheiten alarmiert und rund 120 Einsatzkräfte unterwegs. Das Deutsche Rote Kreuz verpflegte die 68 Helfer beim Einsatz in Niedernhagen. Bürgermeister Frank Helmenstein machte sich vor Ort selbst ein Bild und war entsetzt.

„Unser internes Feuerwehrteam, Mitarbeiter vor Ort sowie die Gummersbacher Feuerwehr und das Technische Hilfswerk haben erfolgreich zusammengearbeitet, um die Anlage zu sichern“, lobte das Unternehmen das gemeinsame Vorgehen gegen die Naturkatastrophe. Es seien Maßnahmen ergriffen worden, um sicherzustellen, dass das gesamte abgepumpte Wasser keine Ölverschmutzung aufwies. „Mitarbeiter und Fachfirmen reinigen derzeit die Anlage und wir werden möglichst bald die Produktion wieder aufnehmen“, kündigte Eaton an. Weiterhin werden mit der Wasserbehörde Möglichkeiten gesucht, um zukünftig Risiken durch extremes Wetter zu verringern.


[Bild: OA-Leserin Beatrix Hoffmann (Waldbröl) --- Bedrohlich näherte sich das Unwetter gestern Abend.]

Durch die zahlreichen Blitzeinschläge gab es auch Schwankungen im Stromnetz, wodurch es zu "Sekunden-Unterbrechungen" kam, wie AggerEnergie-Pressesprecher Peter Lenz mitteilte. Ein Baum stürzte zwischen Engelskirchen und Dieringhausen auf die Gleise der RB 25 und sorgte für Teilausfälle. Bei der Polizei gingen im Laufe des Abends elf Alarmierungen ein. Aktuell laufen in vielen Teilen des Kreises die Aufräumarbeiten. „Unsere Mitarbeiter sind unterwegs, um alle Einläufe von Verstopfungen zu befreien“, erklärte Hubert Scholemann. Denn bereits für heute wurden neue Gewitter angekündigt. Ob diese tatsächlich auftreten und erneut so heftig sind wie gestern Abend, kann aber niemand voraussagen.


[Bild: OA-Leser Fynn Bastian (Wiehl).]
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