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Anwälte sehen große Mitschuld beim Opfer

pn; 30. Jun 2017, 16:30 Uhr
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Anwälte sehen große Mitschuld beim Opfer

pn; 30. Jun 2017, 16:30 Uhr
Waldbröl/Bonn – Im Prozess um den erschlagenen Waldbröler Familienvater fordern die Verteidiger des angeklagten Quartetts geringe Haftstrafen – Ein Anwalt plädiert auf Freispruch.
Von Peter Notbohm


Sein Mandant sei freizusprechen schloss der Anwalt von Peter Z. (alle Namen geändert) sein flammendes Plädoyer ab, nachdem er zuvor zu einem Rundschlag gegen die Staatsanwaltschaft, die Ermittlungsbehörden sowie Teile der Medien ausgeholt hatte. Die Anklage habe ein SA-Rollkommando beschrieben, das durch Waldbröl gefegt sei. Die Polizei habe nur nach Tätern, aber nicht nach der Tat gesucht und auch ansonsten habe sich die Staatsanwaltschaft bei ihrem Ermittlungen aus seiner Sicht nicht mit Ruhm bekleckert.

Der 36-jährige Angeklagte habe nicht aktiv an der Prügelattacke auf einen Waldbröler Familienvater teilgenommen. Er habe zwar ebenfalls einmal zugeschlagen, danach aber mehrfach versucht das Opfer wegzuschicken, ist der Rechtsanwalt nach den Aussagen zahlreicher Zeugen sowie der drei Mittäter überzeugt. Dass sein Mandant zuvor in alkoholisiertem Zustand und mit nacktem Oberkörper Jagd auf Flüchtlinge in Waldbröl gemacht habe, sei dagegen bereits gesühnt. „Schließlich wurde er von diesen selbst so sehr mit Dachlatten verprügelt, dass er die nächsten Tage nur mit Hilfe seiner Freundin duschen konnte. Das wird ihm eine Lehre sein“, so der Anwalt.


Doch nicht nur der Anwalt von Peter Z. zeigte Unverständnis für die von der Staatsanwaltschaft geforderten mehrjährigen Haftstrafen. Auch seine drei Kollegen plädierten für deutlich geringere Urteile gegen ihre Mandanten und gaben dem Opfer eine große Mitschuld an der eskalierten Schlägerei. „Man soll nicht schlecht über die Tote reden“, sagte der Rechtsanwalt von Bastian D., „aber das Opfer war betrunken, verhielt sich aggressiv, fuchtelte mit einer Flasche herum und provozierte.“ Sein Mandant, der die Schlägerei angefangen hatte, habe sich nur vor einem drohenden Schlag mit der Flasche gewehrt. Mehr als diesen einen Schlag habe die Staatsanwaltschaft dem 22-Jährigen aber auch nicht nachweisen können. „Und dieser hatte keine Todesfolge“, so der Anwalt weiter und plädierte auf eine Strafe unter drei Jahren wegen einer Körperverletzung in einem minder schweren Fall.


Ähnlich sah dies die Rechtsanwältin von Anton B. Das Opfer habe die Konfrontation mehrfach gesucht und trotz der nummerischen Unterzahl nie klein bei gegeben. Der tragische Tod des 40-Jährigen sei auch dessen Alkoholkonsum zuzurechnen. Zwar habe ihr Mandant den finalen Schlag ausgeführt, der das Opfer schließlich „wie einen Baum" umfallen lassen habe. Ob dies zu den lebensgefährlichen Verletzungen geführt habe, sah sie aber nicht als erwiesen an und machte vielmehr der Kammer Vorwürfe, dass man nicht etwaige Behandlungsfehler der Ärzte weiter untersucht habe. Sie plädierte für eine Jugendstrafe, die zur Bewährung auszusetzen sei.


Der Anwalt von Max Z. sah in seinem Mandanten sogar nur den klassischen Mitläufer. Die „unglückliche Geschichte“ sei von den immer wiederkehrenden Provokationen des Opfers und einer großen Spontanität geprägt gewesen. Der Tod des Familienvaters sei dem 21-Jährigen auch nicht zuzurechnen. Dementsprechend habe er sich nur einer gemeinschaftlichen Körperverletzung schuldig gemacht, plädierte der Anwalt für eine Jugendstrafe unter einem Jahr, die ebenfalls zur Bewährung auszusetzen sei.


Das Urteil wird für Dienstagmittag um 14 Uhr erwartet.

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