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Verkäuferin verfolgte Diebe: „Ist doch selbstverständlich“

fj; 11. Sep 2014, 15:15 Uhr
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Verkäuferin verfolgte Diebe: „Ist doch selbstverständlich“

fj; 11. Sep 2014, 15:15 Uhr
Oberberg – Die Verkäuferin, die zu Fuß zwei Diebe verfolgte und ihnen ihre Beute abnahm, sieht darin nichts Besonderes – Polizeisprecherin Monika Treutler: Eine solche Zivilcourage ist selten, aber auch nicht ohne Risiken.
„Was ich gemacht habe ist doch selbstverständlich und hat nichts mit Zivilcourage zu tun“, findet die 45-jährige Verkäuferin eines Engelskirchener Modegeschäfts. Polizeisprecherin Monika Treutler sieht das anders. Denn ein solch beherztes Eingreifen erlebt die oberbergische Polizei sehr selten. „Ohne die schnelle Reaktion der Dame wäre die Beute und die Täter weggewesen“, so die Polizeioberkommissarin.

Am vergangenen Freitag bemerkte die Verkäuferin aus dem Augenwinkel, dass sich zwei Männer mit einer auffällig großen Tragetasche bei den Kleiderständern aufhielten, die vor dem Modegeschäft in der Märkischen Straße standen. Ein Blick genügte ihr, um zu sehen, dass an den Ständern Jacken fehlten. „Da bin ich sofort laut geworden und habe geschrien: Gebt sofort die Ware her“, erinnert sich die 45-Jährige. Doch statt der Aufforderung nachzukommen, gaben die beiden Diebe Fersengeld. Mit dem Einsatz der Verkäuferin haben sie dabei sicherlich nicht gerechnet: Sofort rannte auch sie los und bekam schließlich einen der Täter zu packen. Als der noch flüchtende Dieb sah, dass sein Kollege festgehalten wurde, ließ er die Beute fallen. „Damit war ich dann erstmal zufrieden. Ich konnte die Ware zurück ins Geschäft bringen.“

Ihr beherztes Eingreifen sieht die 45-Jährig als selbstverständlich: „Weggucken obwohl ein Unrecht geschieht – das geht gar nicht.“ Die Zeit, über mögliche Risiken nachzudenken, hätte sie dabei eh nicht gehabt – und dies obwohl sie sich schon einmal, damals noch in einem Gummersbacher Modegeschäft, zwei Ladendieben in den Weg gestellt hatte. Die schubsten die Frau damals einfach zur Seite und entkamen. Erst als sie den Diebstahl diesmal erfolgreich verhindern konnte, hat sie darüber nachgedacht, dass der Vorfall auch anders hätte für sie ausgehen können. „Die beiden waren ja schon jünger und stärker als ich“, so die Verkäuferin, die sich aber trotzdem sicher ist, dass sie immer wieder so reagieren würde.

Jeder Mensch hat das Recht, einen Täter festzuhalten, wenn er ihn auf frischer Tat ertappt, stellt Treutler klar. Ob man aber auch immer davon Gebrauch machen sollte, steht auf einem anderen Blatt. Im Zweifelsfall gilt die Devise: Lieber die Polizei anrufen, bevor man selbst Opfer einer Straftat wird. Niemals, so Treutler, würden die Ordnungshüter einen Vorwurf machen, wenn man sich nicht selbst einmischt, sondern die Polizei ruft. Die 110 sollten dann aber unverzüglich gewählt werden. „Oft ist es aber so, dass die Menschen erstmal eine Zeit brauchen, um zu begreifen, dass sie Zeugen einer Straftat geworden sind“, weiß Treutler. Das mindert auch die Chancen der Polizei, die Täter noch auf der Flucht zu erwischen.

Die Polizei wünscht sich also mehr Zivilcourage – sofern das Risiko überschaubar ist – erlebt sie aber laut Treutler nur selten. Dennoch gibt es sie auch im Oberbergischen Kreis: Menschen, die beherzt eingreifen und Unrecht verhindern. So griff ein Senior zum Gehstock und schlug damit den Einbrecher, der soeben seine Haustür aufgebrochen hatte. Während der flüchtete, gelangte sein maskierter Kollege ins Wohnzimmer. Hier bedrängte er die Ehefrau des Rentners, ihm zu sagen, wo er Bargeld finde. Als der rüstige Herr seinen Gehstock gegen diesen Täter ebenfalls einsetzen wollte, gab auch er Fersengeld. Ein Verhalten, dass man sicherlich von niemanden verlangen kann, das aber dennoch Hochachtung verdient.
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