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Lebensretter in der Dunkelkammer

ch; 29. Mar 2014, 07:30 Uhr
Bilder und Video: Christian Herse --- In absoluter Dunkelheit ging es für die Feuerwehrleute aus Lindlar durch die Atemschutzstrecke.
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Lebensretter in der Dunkelkammer

ch; 29. Mar 2014, 07:30 Uhr
Oberberg - Jedes Jahr müssen Feuerwehrleute in voller Montur ihre Eignung als Atemschutzgeräteträger in der Praxis unter Beweis stellen - Oberberg-Aktuell hat sie auf der Atemschutzübungsstrecke begleitet. (MIT VIDEO)
Von Christian Herse

Feuerwehrleute. Das sind die Menschen, welche in die Häuser reinlaufen, wenn alle anderen rausrennen. Diesen Spruch hat jeder von uns schon einmal gehört. Doch haben Sie sich schon einmal vor Augen geführt, was das eigentlich bedeutet? In eine fremde Wohnung zu laufen, ohne etwas zu sehen, die Hitze eines Feuers trotz Schutzkleidung auf der Haut zu spüren, während einen die Ausrüstung zu Boden drückt? Nicht in Panik zu verfallen und sich auf die Suche nach möglichen Vermissten oder den Brandherd zu begeben, ist die Aufgabe eines Feuerwehrmanns.

[Eine vorgeschriebene Anzahl an Umdrehungen müssen die Kameraden am Hand-Ergometer in einer bestimmten Zeit schaffen.]

Um diese Leistungen bewerkstelligen zu können, müssen die Floriansjünger trainieren. Auch die Freiwilligen Helfer im Oberbergischen. Im Notfallzentrum Kotthausen ist dafür eine spezielle Atemschutzstrecke installiert. In verschiedenen Räumen müssen die Kameraden beweisen, dass sie den Anstrengungen im Einsatz gewachsen sind. Für neun junge Feuerwehrleute aus Lindlar war der Besuch dieser Teststrecke etwas ganz besonderes. Denn es war ihr erster Durchlauf, der darüber entschied, ob sie im Realfall als Atemschutzträger eingesetzt werden dürfen.

Bevor es für die Kameraden losging, erklärten ihnen ihre Ausbilder Simon Zens und Axel Richerzhagen genau, was sie zu leisten haben. Ein Laufband, eine sich bewegende Endlosleiter und ein Hand-Ergometer galt es zu überwinden. Und das ohne Pause und in voller Montur. Die besteht neben einer Überzugshose, einer flammenhemmenden Nomex-Jacke, Stiefeln und dem Helm auch aus einer gut 20 Kilogramm schweren Atemschutzflasche. „In dieser sind 800 Liter Atemluft hineingepresst, aus welcher der Feuerwehrmann, während er im giftigen Rauch agiert, mit Sauerstoff versorgt wird“, erklärt Axel Richerzhagen, der in Lindlar die Position des stellvertretenden Wehrführer einnimmt.

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Eine Kontrolle dieser Gerätschaften ist nicht nur selbstverständlich, sondern auch lebenswichtig im Ernstfall. So wird der Druck in der Flasche getestet und überprüft, ob die Schutzhaube bündig mit der Atemmaske schließt, damit keine heißen Rauchgase eindringen können.

In einem Kontrollraum wirft Ausbilder Florian Schwirten derweil stets ein Auge auf die Vitalwerte der Feuerwehrleute, die via Sensor übermittelt werden. „Wenn wir sehen, dass die Herzfrequenz zu hoch geht, brechen wir ab. Das soll immer noch Spaß machen und nicht zur Qual werden“, erklärt er. Ebenfalls immer im Blick hat er über Kameras das eigentliche Herzstück der Anlage: die Atemschutzübungsstrecke.

[Langsam tasten sich die Feuerwehrleute in den dunklen Käfigen durch die Gänge.]

Völlig abgedunkelt steht eine gigantische Gitterbox im Raum, die über zwei Etagen verfügt. In Zweier- beziehungsweise Dreiertrupps kontrollieren die Feuerwehrleute erst die Eingangstüre. „Ist diese warm, muss man davon ausgehen, dass sich der Brand direkt dahinter befindet. Wer dann die Tür aufreißt, gibt dem Feuer frischen Sauerstoff und damit neue Nahrung“, betont Zens die Wichtigkeit, auch in größter Hektik einen kühlen Kopf zu bewahren. Nachdem der 75 Grad warme erste Raum überwunden wurde, geht es in besagte Gitterbox.

In absoluter Dunkelheit fällt es nicht leicht, die Orientierung zu behalten. Eine Blitzleuchte an der Wand sorgt ebenso für Atmosphäre wie stetiges Kindergeschrei aus Lautsprechern. Nur in Teamarbeit gelingt es den jungen Feuerwehrmännern, den Parcours zu durchlaufen. Immer wieder müssen sie die Atemschutzflasche ablegen, da die schmalen Röhren mit dieser auf dem Rücken nicht passierbar wären. Wie sehr dieses Wechselspiel schlaucht, machen gegen Ende schrille Pfeiftöne deutlich. „Das ist ein Warnsignal, dass der Sauerstoffvorrat zuneige geht. Ertönt das Signal, müssen die Kameraden sofort den Rückweg antreten“, sagt Richerzhagen.


[Eine korrekt funktionierende Atemschutzausrüstung ist die Lebensversicherung der Feuerwehrleute.]

Erschöpft, aber zufrieden verlässt das erste Team die Anlage. Patrik Lüdenbach und David Hungenberg sind durchgeschwitzt und leicht außer Atem. „Ich hätte nicht gedacht, dass das so anstrengend auf der Strecke wird“, keucht Lüdenbach und nimmt einen Schluck aus der Wasserflasche. „Aber irgendwie ist es auch geil“, grinst er.

Nach zwei Stunden zeigt sich: Alle Jungs sind fit genug und haben die Tests bestanden. „Allerdings solltet ihr alle trotzdem mit euren Einheiten dieses Jahr nochmal kommen. Zusätzliche Übung hat noch keinem geschadet“, lobt Richerzhagen die Leistungen der jungen Kameraden. Sie dürfen künftig da hinein rennen, wo andere rauslaufen. Um Menschen in Not zu retten.
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