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Verfahren trotz Geständnis eingestellt

nh; 6. Sep 2018, 12:25 Uhr
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Verfahren trotz Geständnis eingestellt

nh; 6. Sep 2018, 12:25 Uhr
Oberberg - Ein 25-jähriger Häftling gestand, dass er Anfang des Jahres seine Schwester bedroht, beleidigt und geschlagen hatte - Aus unterschiedlichen Gründen beantragte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens.
Von Nils Hühn

Vor dem Amtsgericht Gummersbach musste sich heute Vormittag ein 25-jähriger Mann aus Engelskirchen verantworten. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, seine Schwester Anfang des Jahres übelst per Kurznachricht beleidigt zu haben. In der Wohnung des Angeklagten habe er sie im weiteren Tagesverlauf bedroht, sie geschubst und geschlagen. Sogar mit einem Beil ohne Kopf schlug er auf die Frau ein, die mehrere Prellungen und sogar eine Fraktur des Mittelhandknochens erlitt. Der 25-Jährige räumte die Taten vollumfänglich ein. Seine Schwester lebt in der Türkei und war nur zu Besuch in Deutschland. Als Zeugin war sie heute nicht erschienen.

Der Verteidiger hatte Kontakt zur Mutter von Täter und Opfer hergestellt und verlas eine E-Mail, in der die Geschädigte berichtete, dass sich ihr Bruder wenige Tage nach der Tat entschuldigt habe und sie seine Entschuldigung angenommen habe. Weiter erklärte der Anwalt, dass sein Mandant zur Tatzeit unter dem Einfluss von Alkohol und Drogen stand. Aktuell verbüßt der in Köln geborene Mann den Rest einer Haftstrafe. Wegen versuchten Totschlags im Dezember 2011 wurde er zu zwei Jahren und zehn Monaten Gefängnisstrafe verurteilt. Nachdem er einen Teil der Strafe abgesessen hatte, wurde der Rest zur Bewährung ausgesetzt. Allerdings meldete sich der 25-Jährige ab Ende 2017 nicht mehr bei seinem Bewährungshelfer und sitzt daher aktuell wieder in der Justizvollzugsanstalt Heinsberg. Dort muss er noch fünf Monate der Strafe verbüßen.

Bereits vor einem Monat musste sich der 25-Jährige wegen neun anderer ihm vorgeworfener Straftaten, unter anderem wegen Körperverletzung und Beleidigung, verantworten, die er ab Ende 2016 verübt hatte. Die Richterin des Amtsgerichts Gummersbach verhängte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Richterin, Staatsanwaltschaft und Verteidiger wollten dem Mann eine „allerletzte Chance“ gewähren, seine Drogen, Alkohol- und Aggressionsprobleme in den Griff zu bekommen. Sein Anwalt betonte, dass der 25-Jährige in Vollzeit einer Arbeit als Maschinen- und Anlageführer nachkomme. Außerdem habe sein Mandant erkannt, dass er seine Probleme in den Griff bekommen müsse. Die Betreuung außerhalb der JVA habe zudem mehr Qualität, als in der JVA.

Aus diesen Gründen beantragte der Verteidiger, dass das Verfahren gegen seinen Mandanten eingestellt werden sollte. Die Tatzeit lag im Zeitraum der anderen Straftaten, dessen Urteil bereits am 6. August rechtskräftig wurde. Wäre es heute zu einer weiteren Verurteilung gekommen, hätten die Strafen zusammengeführt werden müssen und eine weitere Bewährungsstrafe wäre dann unwahrscheinlich gewesen. Für eine Urteilsfindung kam erschwerend hinzu, dass die Hauptzeugin nicht anwesend war. Nach Paragraf 154 der Strafprozessordnung beantragte die Staatsanwaltschaft, von einer Verfolgung der Straftat abzusehen und das Verfahren einzustellen.

Nach kurzer Beratung mit den Schöffen stimmte Richter Ulrich Neef den Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu. Dabei redete der Richter dem 25-Jährigen ins Gewissen und machte ihm deutlich, dass dies seine letzte Chance sei, um wieder auf die richtige Bahn zu kommen. Nach seinen fünf Monaten in der JVA Heinsberg wird der Engelskirchener noch mehrere Jahre Kontakt mit seinem Bewährungshelfer haben und soll in dieser Zeit an einer Therapie gegen seine Alkohol- und Drogensucht sowie an dem Programm „MannSein ohne Gewalt“ teilnehmen.

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