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Strategiewechsel der Polizei zeigt Wirkung

nh; 27. Feb 2019, 14:00 Uhr
Archivbild: Martin Hütt, Grafiken: Polizei --- Im vergangenen Jahr starb ein Radfahrer bei einem Unfall in Lindlar. Insgesamt kamen im Jahr 2018 sieben Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben.
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Strategiewechsel der Polizei zeigt Wirkung

nh; 27. Feb 2019, 14:00 Uhr
Oberberg - Die Oberbergische Polizei präsentierte heute die Verkehrsunfallstatistik, die aufgrund des erneuten Rückgangs bei schweren Unfällen positiv bewertet wird - Polizei fordert Helmpflicht für Radfahrer.
Von Nils Hühn

„Jeder Schwerverletzte und Getötete ist einer zu viel“, stellte Landrat Jochen Hagt bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik für das vergangene Jahr voran. Allerdings würden sich auch nicht alle Unfälle verhindern lassen. Aus Sicht der Polizei ist die Unfallentwicklung positiv zu bewerten, da bei den schweren Verkehrsunfällen, hier besonders auf den Außerortsstraßen, ein erneuter Rückgang verzeichnet werden konnte. „Unsere Maßnahmen greifen“, freute sich der Chef der Kreispolizeibehörde.

Verkehrsdirektionsleiter Joachim Höller ging ins Detail: Mit insgesamt 8.105 Verkehrsunfällen (+0,6 Prozent) gab es einen „marginalen“ Anstieg, ebenso bei den Leichtverletzten (+ 4 Prozent) und der insgesamt Verunglückten (+ 2,7 Prozent). Aber in den Problembereichen, nämlich bei den schweren Unfällen, wo der Oberbergische Kreis im Landesvergleich zuletzt hintere Plätze belegte, gab es durchweg Verbesserungen. Dennoch verloren im vergangenen Jahr sieben Menschen bei Unfällen ihr Leben - eine Person weniger als 2017. Die Verkehrsunfälle mit schwer verletzten Personen nahmen um fast fünf Prozent und auf den außerörtlichen Straßen sogar um sechs Prozent ab.

„Nach einem Anstieg der Zahlen im Jahr 2016 haben wir unsere Strategie geändert“, erklärte Höller, dass es seit 2017 42 „Brennpunktstraßen“ gibt, auf denen die Beamten verstärkt kontrollieren, Maßnahmen und Gespräche durchführen. „Die Präsenzzeiten wurden deutlich erhöht“, so Höller. Dies führte zu einer Senkung der Unfallzahlen auf diesen Strecken, aber habe auch Auswirkungen auf den gesamten Kreis, so Höller. Belegbar ist die Verkehrsunfallbekämpfung auch in Zahlen: Nahm die Polizei zwischen 2014 und 2016 jährlich rund 5.000 Maßnahmen auf den unfallauffälligen Außerortsstraßen vor, waren es in den vergangenen beiden Jahren jeweils rund 15.000 Maßnahmen.



Besonders erfreulich ist der Rückgang bei den verunglückten Kindern. Hier verminderte sich die Zahl von 48 Verunglückten im Jahr 2017 auf 37. Kein Kind verlor bei einem Unfall im Oberbergischen sein Leben - aufgrund des deutlichen Rückgangs steht der Kreis auf Platz vier aller 47 Kreispolizeibehörden in Nordrhein-Westfalen.

Ebenfalls signifikant sank die Zahl der Unfälle mit Motorradfahrern. Es ereigneten sich insgesamt 15 Prozent weniger Unfälle mit Kradfahrern und es gab 44 Prozent weniger schwer verletzte Biker. Dabei hatte man bei der Polizei befürchtet, dass aufgrund des sehr guten Wetters die Fallzahlen erneut steigen könnten. „Es hat sich rumgesprochen, dass wir da sind“, ist sich Höller sicher. „Vor allem die Fahrer aus dem Oberbergischen haben es kapiert“, so der Direktionsleiter. Auch dies ist mit Zahlen belegbar: Im Kreisnorden hatten 85 Prozent (2017: 75 Prozent) der verunfallten Motorräder eine auswärtige Zulassung, im Kreissüden waren es 58 Prozent (2017: 25 Prozent).

Nach Karneval will die Oberbergische Polizei die Aktivitäten auf den Ein- und Ausfallstraßen wieder hochfahren, damit die Zahlen weiter rückläufig bleiben. „Leider haben wir noch nicht den Knopf am Lenker der Unfallverursacher“, meinte Landrat Hagt. Er dankte den zahlreichen Beamten, die besonders an den Wochenenden im Einsatz sind. Ihnen sei es zu verdanken, dass der Oberbergische Kreis die geringste Anzahl an Verkehrsunfällen mit Getöteten und Schwerverletzten seit fünf Jahren vorweisen könne. „Je schwerer die Unfallfolgen, desto häufiger ist die Ursache Geschwindigkeit“, stellte Polizeihauptkommissar Frank Rösner klar, der für die L 302 bei Lindlar-Frielingsdorf eine Tempobeschränkung ankündigte.



Häufig seien Alkohol und Drogen am Steuer eine Unfallursache. „Mit einem Anteil von zehn Prozent bei schweren Unfällen ist die Zahl hier sehr hoch“, so Landrat Hagt, den vor allem der Grad der Alkoholisierung der Unfallverursacher erschreckte: „Im Durchschnitt lag der Wert bei 1,8 Promille.“ Positiv hingegen ist die Entwicklung bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren. Bei den Verunglückten dieser Altersklasse gab es einen Rückgang von 20,7 Prozent, was Rösner auch auf die Präventivmaßnahme „Crashkurs“ zurückführte, an der im vergangenen Jahr 1.800 Schüler teilnahmen.

Mehr in den Fokus rücken hingegen die Senioren, bei denen es zu einem starken Anstieg von 112 im Jahr 2017 auf 144 Verunglückte  kam. Drei ältere Fußgänger kamen im Vorjahr ums Leben. „Es gibt immer mehr Senioren, die auch im Alter aktiver sind als früher“, wird Höller sich dem Thema annehmen. Ebenso ist ein Anstieg der verunglückten Radfahrer zu verzeichnen, wobei der Oberbergische Kreis nicht als Hochburg der Radfahrer gilt. Bei den verunfallten Pedelec-Fahrern gab es einen Anstieg um 100 Prozent. Höller forderte, dass die Radfahrer an Sicherheitstrainings teilnehmen und erklärte: „Wir sind für eine Helmpflicht!“

Der Direktionsleiter hatte auch noch eine interessante Statistik dabei, die aufzeigte, dass sich die Unfälle auf das gesamte Kreisgebiet erstrecken und es in einigen Kommunen zu Häufungen kommt: Im Verhältnis zum Bevölkerungsanteil verunglücken im Oberbergischen Kreis die meisten Kinder in Wipperfürth und Waldbröl, junge Erwachsene in Morsbach und Hückeswagen, Senioren in Waldbröl und Engelskirchen, Motorradfahrer in Hückeswagen und Wipperfürth, Radfahrer in Wipperfürth und Bergneustadt und Fußgänger in Gummersbach und Radevormwald.

Zum Abschluss eine Statistik, auf die man in der Kreispolizeibehörde besonders stolz ist. „Eine Unfallflucht in Oberberg lohnt sich nicht“, erklärte Jochen Hagt dazu. Damit hat der Landrat recht, denn die Aufklärungsquote liegt bei 52,5 Prozent und ist damit zum wiederholten Male die beste Quote im gesamten Land. „Wir haben seit 2009 ein sehr spezialisiertes Verkehrsunfall-Aufnahme-Team“, erläuterte Joachim Höller in diesem Zusammenhang. Bei den Unfallfluchten mit Personenschäden liegt die Aufklärungsquote sogar bei 73 Prozent.
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