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Industriepark Klause: Lindlar in der Kostenfalle?

bv; 29. Oct 2018, 18:05 Uhr
Archivbild: Bernd Vorländer.
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Industriepark Klause: Lindlar in der Kostenfalle?

bv; 29. Oct 2018, 18:05 Uhr
Lindlar - Die von der Gemeinde Lindlar in Zusammenarbeit mit Engelskirchen geplante Erweiterung des Industrieparks wird deutlich teurer und sorgt bei der Kommunalaufsicht für Stirnrunzeln - Neue atmosphärische Störungen der Kommunen.
Von Bernd Vorländer

Industriepark Klause – die umstrittene Erweiterung von Gewerbeflächen in Lindlar könnte zu einer Art unendlichen Geschichte werden. Nicht nur, dass sich bislang mehr als 2.000 Lindlarer mit ihrer Unterschrift gegen die Erweiterungspläne und für den Erhalt des dortigen Waldgebietes ausgesprochen haben, jetzt müssen die Lindlarer Gemeinde-Verantwortlichen einräumen, dass die mit dem Projekt verbundenen Kosten deutlich höher liegen, als zunächst angenommen. Dies jedenfalls geht aus einem Schreiben hervor, in dem der Oberbergische Kreis als Kommunal-Aufsicht warnend den Zeigefinger hebt. Demnach hatte Lindlars Bürgermeister Dr. Georg Ludwig in einem Gespräch mit den Kreis-Vertretern eine weitere Bürgschaft der Gemeinde für die Bau- Grundstücks- und Wirtschaftsförderungsgesellschaft (BGW) ins Spiel gebracht, die das Projekt betreibt. Nach OA-Informationen soll es sich hierbei um eine siebenstellige Summe handeln.

Die „erhebliche Erhöhung der Gesamtkosten der Maßnahme“ sieht man beim Kreis jedenfalls sehr kritisch. Man müsse diese Entwicklung umfassend prüfen und klären, heißt es in einem Schreiben an die beiden Bürgermeister aus Lindlar und Engelskirchen. Die beiden Gemeinden sollen bekanntlich partnerschaftlich von der Erweiterung des Industrieparks Klause profitieren. Da aber Lindlar bis zum Jahr 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen muss, werden die Drängnisse für die Gemeinde jetzt größer, zumal die Kommunalaufsicht im Hinblick auf einen Vertrag, der zwischen den beiden Gemeinden zu schließen ist, nüchtern  feststellt: „Es ist nicht auszuschließen, dass diese Situation Auswirkungen auf die öffentlich-rechtliche Vereinbarung haben kann.“


In Engelskirchen ist man über die jüngste Entwicklung alles andere als glücklich. Bürgermeister Dr. Gero Karthaus baut schon einmal möglichen Rufen nach Finanzhilfen vor. Die Kostenermittlung wie auch deren Bewältigung sei alleinige Angelegenheit der Nachbarkommune, sagt der Engelskirchener Rathauschef und setzt noch eins drauf: „Wir werden uns auf keine windigen Dinge einlassen und keine Abenteuer eingehen.“

Karthaus' Amtskollege in Lindlar ist allerdings anderer Ansicht, denn die Kommunalaufsicht habe deutlich gemacht, dass das Kostenrisiko nicht nur von einem der beiden Vertragspartner zu tragen sei. "Ich denke, dass wir eine Lösung mit Engelskirchen finden werden", sagt Lindlars Rathauschef Dr. Ludwig. Wie die allerdings aussehen könnte, ist angesichts der unterschiedlichen Auffassungen unklar. Ludwig sieht die Kostensteigerungen "im Rahmen", schließlich könne man erst jetzt alle Fakten in eine Kostenberechnung einfließen lassen. Gegenüber der Kommunalaufsicht habe man mit offenen Karten gespielt und nachgefragt, ob man für die Projektverteuerung eine entsprechende Bürgschaft für die BGW übernehmen dürfe. Doch angesichts des für das Jahr 2020 angepeilten Haushaltsausgleichs würden diesem Vorhaben enge Grenzen gesetzt.

Von einer Gefährdung des gesamten Erweiterungs-Projekts kann nach Ansicht des Lindlarer CDU-Fraktionschefs im Rat, Hans Schmitz, keine Rede sein. „Mit höheren Kosten musste man rechnen“, sagt der Christdemokrat. Bislang habe ja lediglich eine grobe Schätzung vorgelegen, und außerdem gebe es aufgrund der gestiegenen bundesweiten Bautätigkeit Preissteigerungen. Letztere können nach seiner Ansicht über eine Anhebung der Grundstückspreise durchgesetzt werden. „Die Frage ist immer, ob das auch am Markt durchsetzbar ist?“

Grünen-Fraktionsvorsitzender Patrick Heuwes glaubt, dass die Verwaltung und die mit absoluter Mehrheit regierende CDU alles tun würden, um die Klause-Erweiterung zu realisieren. „Die werden jede Kröte schlucken.“ Die vom Kreis monierten Kostensteigerungen könne man in der Öffentlichkeit gar nicht bewerten, weil die Kosten ausschließlich hinter verschlossenen Türen bei der BGW besprochen würden. Sehr kritisch sieht Heuwes die Vereinbarung, die zwischen Lindlar und Engelskirchen geschlossen werden soll und macht der Nachbarkommune angesichts eines 40-prozentigen Gewerbesteueranteils, der offenbar gefordert werde, schwere Vorwürfe. „Lindlar lässt sich von Engelskirchen über den Tisch ziehen, denn unsere Nachbarn picken sich nur die Rosinen raus.“ Eine Realisierung der Klause-Erweiterung sieht Heuwes zudem in weiter Ferne. Die Grünen setzen voll auf die Bürgerbefragung, die die Klause-Gegner angekündigt haben. „Dann wird die CDU im Rat vor der Frage stehen, ob sie überhaupt wissen will, was die Bürger über die Klause denken“, sieht Heuwes spannende Zeiten auf Lindlar zukommen.

Für Friedrich Meyer, Sprecher der interkommunalen Interessengemeinschaft zum Erhalt des Waldgebietes Klause, ist die Sache jedoch schon jetzt klar. Der Lindlarer Verwaltung sei es bislang nicht gelungen, ein Finanzkonzept der „immensen Kosten“ für die Klause vorzulegen, das die Kommunalaufsicht überzeugt hätte. Die Investitionskosten sind nach Meyers Ansicht „derart undurchsichtig und damit risikobehaftet“, dass es sich schon aus dieser Sicht verbiete, das Projekt weiterzuverfolgen. Nur noch bis Februar nächsten Jahres habe die Lindlarer BGW noch die Möglichkeit, von den Kaufvorverträgen für die Grundstücke zurückzutreten. Ansonsten habe die BGW, für die die Gemeinde bürge, die Grundstücke gekauft, dann gebe es kein finanzielles Zurück mehr. „Die Interessengemeinschaft hat in dieser Situation einen klaren Vorschlag: Sofortiger Stopp des Projekts, um finanziellen Schaden von der Gemeinde abzuhalten und den Wald zu retten“, sagt Meyer. Wenn man im Übrigen einem bestehenden Gewerbebetrieb, der für seine Existenz in Lindlar eine bescheidene Erweiterung am Rande von Klause V benötige, helfen wolle, sei dafür jedenfalls die Klause-Erweiterung nicht erforderlich.
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