Oberberg - Eine Gruppe von Motorradfahrern brettert rücksichtslos durch den Oberbergischen Kreis und interessiert sich nicht um Naturschutz oder Verkehrssicherheit - Videos werden millionenfach angeklickt.

Von Nils Hühn

Sie nennen sich selbst „Grenzgaenger“. Ihr Logo ziert ein Totenkopf. Rücksichtslos rast eine Gruppe Enduro-Fahrer durch Wälder und Felder im Oberbergischen Kreis. Dabei filmen sie sich selbst. Den Schaden, den sie dabei der Natur anrichten, interessiert sie offenbar wenig. Auch, dass sie Wanderer, Reiter oder andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen, kümmert sie kaum. Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft scheren die Raser nicht. Immer wieder erscheinen neue Videos auf YouTube und Facebook.


[Mitten durch den Wald heizen die Motorradfahrer.]

„Das ist ein echtes Problem“, erklärt Wastl Roth-Seefrid, der zwei Motorradfahrern vor fast genau einem Jahr auf einem Forstweg in Waldbröl begegnete. Der Oberbergische Kreis-Mitarbeiter wollte das Gespräch suchen, doch die Männer flüchteten und hängten Roth-Seefrid nach einer kurzen Verfolgungsjagd ab. Gemeinsam mit Ulrich Stahl vom Verkehrskommissariat der Polizei in Gummersbach recherchierte er, dass es sich bei den Zweiradfahrern um Mitglieder der Gruppe „Grenzgaenger“ handelt.

Die Gruppierung hat eine große Anhängerschaft. Auf dem Videoportal YouTube veröffentlichte Clips wurden bereits über 61 Millionen Mal angeklickt. Anführer ist ein gewisser „Querly“, der auf Facebook über 420.000 "Gefällt Mir"-Angaben gesammelt hat. Sogar einen eigenen Internetshop betreiben die „Grenzgaenger“. Nachahmer gibt es zuhauf, die mit ihren geländegängigen Maschinen über bemooste Hänge, durch Biotope oder andere schützenswerte Gebiete heizen. Deutschlandweit sind sie aktiv, aber der Oberbergische Kreis wird immer wieder von ihnen aufgesucht.


„Mit ihren Ausfahrten zerstören sie die Natur“, erklärt Roth-Seefrid das Hauptproblem. Ein oberbergischer Landwirt berichtete ihm, dass die Rowdys mitten durch die Frucht fahren würden. Durch den Lärm der Maschinen würden zudem Tiere gestört. Das Problem hat auch der Deutsche Wanderverband erkannt und will sich in den kommenden Wochen dem Thema widmen. Wibke Kopper vom Sauerländischen Gebirgsverein berichtet, dass in den Sommermonaten regelmäßig Beschwerden von Wanderern kommen würden.


[Auch in Gewerbegebieten, wie hier in Reichshof, sind die "Grenzgaenger" unterwegs.]

Roth-Seefrid hat sich zahlreiche Videos angeschaut. Dabei seien die „Grenzgaenger“ nicht nur in der Natur unterwegs, sondern auch auf öffentlichen Straßen. In Waldbröl sei die Straße auf der „Hitlermauer“ ein beliebter Treffpunkt. In Nümbrecht sperrte die Gruppe eigenständig eine Landstraße und drehte dort ein Video mit zwei Motorrädern und einem Sportwagen. Es gab mittlerweile schon Gerichtsverhandlungen - auch vor dem Amtsgericht in Waldbröl. Aber die Richter haben Schwierigkeiten, die Täter zweifelsfrei zu identifizieren. Stören lassen sich die Grenzgaenger durch die Vorgänge nicht. Das vorerst letzte Video veröffentlichten sie vor knapp zwei Wochen und auch dieser Clip wurde schon weit über 500.000-mal angesehen.