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Gymnasiasten am Berufskolleg diskutierten mit Personalchefs über "Bewerbung und Enttäuschung"

Red; 17. Dec 2006, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Gymnasiasten am Berufskolleg diskutierten mit Personalchefs über "Bewerbung und Enttäuschung"

Red; 17. Dec 2006, 00:00 Uhr
(Red./2.12.2006-0:30) Gummersbach – Am Berufskolleg Oberberg in Dieringhausen hatten die Schüler der dort eingerichteten Gymnasialen Oberstufe einen Abend lang Gelegenheit, mit Personal-Entscheidern über die Tücken des Berufseinstiegs zu diskutieren.
[Eine Expertenrunde stand den Schülern am Berufskolleg Rede und Antwort.]

Ab der Sekundarstufe I werden Schüler von Lehrern und Arbeitsamtberatern darüber unterrichtet, was bei einer Bewerbung zu beachten ist. Am Berufskolleg Oberberg hatten jetzt die Schüler der dort eingerichteten Gymnasialen Oberstufe einen Abend lang Gelegenheit, mit Personalentscheidern über die Tücken des Berufseinstiegs zu diskutieren.

Nadja Hereitani, Personalleiterin bei Super RTL, berichtete, dass die meisten Bewerber gar nicht erst zu einem Gespräch eingeladen werden, weil die schriftliche Bewerbung Mängel aufweist: von Kaffeeflecken auf dem Briefumschlag bis zu Rechtschreibfehlern im Anschreiben. Monika Flesch, Vertriebsberaterin und Personalvermittlerin im Bereich der Informationstechnologie, bestätigte, dass auch in technischen Berufen die Beherrschung der deutschen (und englischen) Sprache unabdingbar sei.

Insgesamt muss einer Bewerbung die Sorgfalt anzusehen sein, die später auch im Beruf verlangt wird. Dazu gehört, sich über die angeschriebene Firma kundig zu machen. Standardisierte Bewerbungen, in der nur die Firmenadressen ausgetauscht werden, bringen gar nichts, auch wenn sie hundertmal verschickt werden. Volker Stache, Vorstandsmitglied der „Wirtschaftsjunioren Oberberg“, erzählte von Bewerbungen, die so pfiffig waren, dass er den Verfasser einlud. Zum Beispiel eine handschriftliche – fehlerfrei. Hereitani bestätigte, Originalität und Phantasie könnten die eigene Bewerbung aus der Masse herausheben, aber man dürfe es nicht so übertreiben, wie es manchmal von der Presse geraten werde.

Ist die erste Hürde überwunden und man wird zum Gespräch geladen, zählen schließlich nicht mehr die Standards und Fachkenntnisse alleine, sondern letztlich der persönliche Eindruck: Offenheit, Disziplin, Lernwille und die Bereitschaft zum Engagement. Forderungen, Einstellungskriterien überprüfbar zu machen, wurden selbst von dem Gewerkschafter Oliver Lopez als kontraproduktiv abgelehnt. Bewerbungstrainings, da waren sich alle einig, sind zwar hilfreich, aber ein Einstellungsgespräch lässt sich nicht mit auswendig gelernten Antworten führen.

Anders ist es beim Coaching. Silvia Lüthy, in Coaching und Unternehmensberatung tätig, führte aus, wie man sich mit seinen individuellen Stärken in den Arbeitsmarkt einbringen kann. Coaching dient der eigenen Entwicklung. „Aber die meisten Stellen werden doch über Vitamin B vergeben“, warf ein Schüler aus dem Publikum ein. Aber durch Beziehungen und persönliche Empfehlungen, antworteten die Podiumsteilnehmer, werde es eben den Unternehmen erleichtert, den Richtigen für ihren Betrieb zu finden.

Im Übrigen könne sich jeder selbst Beziehungen aufbauen. Man müsse sich eben kümmern. Oliver Lopez wandte jedoch ein, dass es in einer Gesellschaft mit so schlechten Aufstiegschancen, wie sie von der PISA-Studie der deutschen vorgehalten werden, für die einen schwerer sei als für die anderen.

Kontroverser wurde die Diskussion beim Thema „Praktika“. So viele Chancen sie böten, gehe es doch nicht an  darin waren sich der Arbeitgebervertreter Stache, wie der Gewerkschafter Lopez einig  voll ausgebildete Menschen ohne Bezahlung für das Unternehmen arbeiten zu lassen. Nadja Hereitani empfahl, schon während des Studiums Praktika zu absolvieren und erklärte am Beispiel der studentischen Tarife bei Super RTL, dass die durchaus als Zubrot reichten.

Als zu Zeit außerordentlich positiv wurden die Chancen für Absolventen technischer Ausbildungen angesehen, gerade im Oberbergischen mit seiner Fülle mittelständischer Produktionsfirmen. Monika Flesch: „Bei mir und bei vielen Unternehmern herrscht inzwischen die Meinung vor, dass uns die Kaufmanns- und Controllerära der letzten zehn Jahre keinen Schritt vorwärts, aber viele Schritte zurückgeworfen hat. Der Erfolg unseres Landes und unserer Industrie lag immer in der Hand von guten Technikern, Ingenieuren und Produktionsfachkräften.“

Damit fühlten sich die anwesenden Schüler ermutigt, die im Berufskolleg Oberberg die Ausbildung zum Informationstechnischen Assistenten mit Fachhochschulreife absolvieren, und die Schüler der Gymnasialen Oberstufe, die berufliche Kenntnisse und das Abitur mit Allgemeiner Hochschulreife über das Leistungsfach Elektrotechnik erwerben können.

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