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Karrieresprung in die Heimat: Fisia-Manager geht nach Österreich

om; 5. Jul 2004, 06:22 Uhr
Oberberg Aktuell
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Karrieresprung in die Heimat: Fisia-Manager geht nach Österreich

om; 5. Jul 2004, 06:22 Uhr
(om/22.6.2004-16:05) Von Oliver Mengedoht
Gummersbach - Der Geschäftsführer der Fisia Babcock Environment, Dr. Franz Kailbauer (42), wurde von einem Headhunter für den Posten des Technischen Vorstandes der österreichischen Holdinggesellschaft EStAG angeheuert und wird die Kreisstadt Ende Juli verlassen.
[Bilder: Oliver Mengedoht --- Dr. Franz Kailbauer geht zurück in seine Heimat: Ein Headhunter hat ihn "abgeworben".]

"Ich war das Wochenende über in Österreich und konnte gestern erst Betriebsrat und Belegschaft informieren", berichtete der sympathische Fisia-Geschäftsführer heute bei einer Pressekonferenz. Den zweiten Posten bei dem 2.500 Mann-Unternehmen übernimmt Karl Franz Maier. Die beiden hatten sich bei einer internationalen Ausschreibung aus über 300 Kandidaten durchgesetzt, Kailbauer hatte sich allerdings nicht beworben, sondern war Mitte April von einem "Headhunter" angesprochen worden. Am Freitag hatte der EStAG-Aufsichtsrat sich einstimmig für ihn entschieden. "Ich habe Fisia aber unterrichtet, so etwas geht nicht ohne Abstimmung", verriet der 42-Jährige. Dieses Unternehmen könne er nach fünf Jahren nun ohne jede Bedenken verlassen, "das Haus ist gut bestellt".

Für das "gemeinsame Baby in Gummersbach" fühle er sich noch verantwortlich, erklärte Kailbauer mit seinem Kollegen Dr. Gian Paolo Maccone. Er erinnerte an die schwere Zeit nach der Insolvenz von Babcock und wie er um die Erhaltung des Unternehmens in Gummersbach gekämpft habe; "im November 2002 war die Situation nicht rosig, der Markt hat uns kein Wort mehr geglaubt und wir hatten nur ein paar zweifelhafte Aufträge". Drei Kunden in Skandinavien habe er damals an einem Tag besucht und "befriedet", von der Zukunft dessen überzeugt, was von Steinmüller in Gummersbach nun unter dem Namen Fisia Babcock Environment übrig war.

"Bin fest überzeugt, dass sich Fisia stetig weiter nach oben entwickeln wird"



[Dr. Gian Paolo Maccone führt die Fisia-Geschäfte zunächst alleine weiter.]

"Aber es hat kein Kunde bereut, alle Anlagen laufen perfekt und wir haben einen Auftragsbestand von aktuell 280 Millionen €." Damit habe am Anfang der italienische Eigner Impregilo nie gerechnet und befürchtet, alle Aufträge aus Italien besorgen zu müssen. "Aber wir haben zufriedene Kunden in ganz Europa und auch in Deutschland", berichtete Kailbauer erfreut. Fisia sei die erfolgreichste Firma in der Müllverbrennungsbranche in der BRD. "Und wenn alles klappt, haben wir in den nächsten 14 Tagen noch zwei äußerst positive Nachrichten", kündigte der Geschäftsführer an. Eine davon könnte sich allein schon als 130 Millionen €-Auftrag entpuppen.

Von anfangs 170 Mitarbeitern sei man inzwischen auf 200 angewachsen, wenn alles so optimal weiterlaufe, werden es zum Jahresende rund 220 sein, verkündeten Kailbauer und Maccone. "Wir sind cashmäßig sehr gut eingestellt, die Organisation ist optimiert und wird jetzt nur noch feingetuned, wir sind am Markt positioniert - ich bin fest überzeugt, dass sich Fisia stetig weiter nach oben entwickeln wird."

Seine Nachfolge stehe noch nicht fest, eile aber nicht. Dr. Maccone werde zunächst die Leitung der hochmotivierten Truppe alleine übernehmen, jedenfalls lasse man sich nicht unter Zeitdruck setzen. Es gebe keinen Grund zur Panik und es sei besser, den Posten bis Jahresende ruhen zu lassen und einen guten Geschäftsführer zu finden, der zum Team passe, als Kompromisse einzugehen.

Das Fortbestehen der Firma sei ihm nicht egal, versicherte der gebürtige Steirer. "Ich war jetzt fast fünf Jahre im Oberbergischen, habe die Menschen kennengelernt und war grade in der schwierigen Phase hier, da baut man schon eine Beziehung auf." Lachend fügte er hinzu: "Ich hoffe doch, dass ich zum Sommerfest 2005 noch eingeladen werde."

"Schaffen mit Fisia und 200 Mann den gleichen Umsatz wie früher Steinmüller"


Die österreichischen Medien hatten Kailbauer in ihrer Berichterstattung über seinen Antritt in Graz als "Troubleshooter" bezeichnet. Ob er sich selber so sieht? "Naja, wenn man sich meinen Lebenslauf so ansieht, taucht da schon sehr viel Krisenmanagement auf. Ich bin ein Kind des Anlagenbaus." Der sei in den letzten zehn, fünfzehn Jahren sehr gebeutelt worden. Als er sein Studium beendet habe, sei die Branche gerade noch so gesund gewesen, dann begannen sofort die gigantischen Umstrukturierungen. Firmen wie Steinmüller mit riesigen Fertigungsanlagen habe es Dutzende gegeben, "das ist heute nicht mehr bezahlbar. Es wird nurn noch Engineering gemacht. Wir schaffen mit Fisia jetzt mit 200 Mann 280 Millionen Umsatz pro Jahr, Steinmüller hat früher mit 2.000 etwa den gleichen Umsatz gemacht."

Der Posten bei der EStAG in der Steiermark ist für Kailbauer ein Karrieresprung. Die Holding hat 2.500 Mitarbeiter und eine Milliarde € Umsatz, "ich will am Erfolg mitwirken und es ist natürlich auch schön, in die Heimat nach Graz zurückzukommen", erklärte der Manager seinen Wechsel. Dass er sich nicht ausschließlich als "Troubleshooter" einschätzt, sieht man daran, dass Kailbauer sich vorstellen könnte, dort auch 20 Jahre zu bleiben. Aber das sei in Managerkreisen eher selten, bestellt ist der offene Steirer jedenfalls zunächst für fünf Jahre.

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