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Tapetenhersteller P+S endgültig insolvent

bv; 21. Nov 2018, 16:22 Uhr
Bilder: Leif Schmittgen --- Nach 139 Jahren schließen sich die Tore des traditionsreichen Tapetenherstellers P+S.
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Tapetenhersteller P+S endgültig insolvent

bv; 21. Nov 2018, 16:22 Uhr
Gummersbach - 75 Mitarbeiter in Gummersbach und über 100 in der Nähe von Hildesheim verlieren ihren Job - Aus für das Traditionsunternehmen kommt nach 139 Jahren.
Von Bernd Vorländer

Diese Nachricht ist für das traditionsbewusste Gummersbach überaus traurig. Seit 1879, also mehr als 139 Jahre, wurden in der Stadt Tapeten der Firma Pickhardt + Siebert gefertigt. Doch dieses Kapitel schließt sich Ende des Monats – endgültig. Das Unternehmen ist pleite, der Versuch einer seit dem 14. September laufenden Insolvenz in Eigenregie gescheitert. 75 Mitarbeiter verlieren in der Kreisstadt ihren Arbeitsplatz, bekommen nur noch bis Ende des Monats Insolvenzgeld. Betroffen ist auch das Tochterunternehmen „Wallcover“ im Landkreis Hildesheim. Auch dort schließen sich die Werkstore und 100 Beschäftigte stehen in wenigen Tagen ohne Job da, weitere 20 in einem Logistikzentrum.


Noch im September hatte sich die Geschäftsführung von P+S zuversichtlich geäußert, die Herausforderungen bewältigen zu können. Zum einen galt es, ein Sanierungskonzept aufzustellen, zum anderen möglichst rasch neue Aufträge zu generieren. Beides misslang jedoch in den vergangenen drei Monaten – auch deshalb, weil Branchenkenner von erheblichen Überkapazitäten im Tapetenmarkt ausgehen.

So wird der vom Amtsgericht vorläufig bestellte Sachwalter, Rechtsanwalt Philip Schober von der bundesweit tätigen Kanzlei Brinkmann & Partner, zum 1. Dezember nach der Eröffnung des  Insolvenzverfahrens durch das Gericht, voraussichtlich als Insolvenzverwalter tätig. Die massiven Schwierigkeiten der Tapeten-Branche bestätigt auch er. Während vor fast 30 Jahren noch 120 Millionen Tapetenrollen in Europa verkauft worden seien, liege man heute bei einem Minus von 80 Prozent. Schon seit geraumer Zeit hatte die Krise auch P+S im Griff. Seit dem Sommer 2018 suchte man intensiv nach Investoren, doch vergeblich.


[Ein großes Teil des P+S-Geländes ist bereits an die Firma Dörrenberg Edelstahl veräußert worden.]

Ein kleiner Teil der 75 in Gummersbach Beschäftigten dürfte auch noch die nächste Zeit bleiben, um den Verkauf von Warenbeständen sicherzustellen, sich um die Maschinen zu kümmern oder Personaldinge zu bearbeiten. Ein großer Teil der Produktionsstätte wurde bereits an das Edelstahlunternehmen Dörrenberg verkauft und soll weiter gewerblich genutzt werden. „Auch das Hauptgebäude muss verkauft werden. „Die Lage ist gut, aber in die Bausubstanz müsste investiert werden“, so Rechtsanwalt Schober.

Gummersbachs Bürgermeister Frank Helmenstein sah einen betrüblichen Tag für die Kreisstadt. „Das ist zutiefst bedauerlich, wenn ein großer Gummersbacher Unternehmensname nicht mehr existiert. Am wichtigsten ist, dass den Menschen, die jetzt arbeitslos werden, rasch geholfen wird.“ Der Rathauschef mutmaßte, dass der Wegfall des russischen Marktes für P+S dramatisch gewesen sei und  erinnerte in diesem Zusammenhang an die „großartige Unternehmenspersönlichkeit“ Martin Siebert, der sich als Bürgermeister einen Namen gemacht habe und zum Ehrenbürger ernannt worden sei.

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