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Fremdenfeindlicher Brandanschlag auf Zugwaggon

ch, mkj; 12. Sep 2015, 15:08 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung --- Ein vermeintlich kleineres Feuer sorgt wenige Stunden später für Entsetzen in der Politik und Bevölkerung.
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Fremdenfeindlicher Brandanschlag auf Zugwaggon

ch, mkj; 12. Sep 2015, 15:08 Uhr
Wiehl - Bereits wenige Stunden nach dem Brand eines Bauzugwagens der Wiehltalbahn ist sich die Polizei sicher, dass das Feuer mutwillig gelegt wurde - Oberbergische Politik zeigt sich entsetzt.
Von Christian Herse und Michael Kleinjung

Dass dieses Wochenende ganz im Zeichen der Politik stehen würde, ist bereits seit mehreren Wochen klar. Doch das es sich dabei weniger um die Landratswahl handeln könnte, hätte vermutlich niemand gedacht. Spätestens seit dem heutigen Samstag ist der offene Fremdenhass endgültig im Oberbergischen angekommen. Waren bislang nur Asylbewerber-Unterkünfte außerhalb NRWs und vorwiegend in Ostdeutschland in Flammen aufgegangen, müssen die Oberberger seit heute Morgen erkennen, dass es auch auf dem Land mitten unter ihnen offensichtlich Menschen gibt, welche eine Abneigung gegen Flüchtlinge besitzen und auch vor Gewalt dabei nicht zurückschrecken.

[Die Feuerwehr hatte den Brand schnell im Griff.]

Denn um kurz vor sechs Uhr war die Feuerwehr aus Oberwiehl unter der Führung von André Schmidt zu einem kleinen Industriegelände im Wilhelm-Grüner-Weg gerufen worden. Dort war auf dem Nebengleis der Wiehltalbahn ein Bauzugwaggon aus Dieringhausen vergangene Woche abgestellt worden, um komplett saniert zu werden. Der aus den 50er Jahren stammende und im Inneren mit Büro- und Aufenthaltsräumen ausgestattete, noch gut erhaltene, rund 25 Meter lange Eisenbahnwagen diente als Unterkunft und Arbeitsraum bei Arbeiten auf der Gleisstrecke. „Der Waggon war komplett verschlossen, aus dem Inneren drang starker Rauch nach außen und unter einem Türspalt waren Flammen zu erkennen“, berichtete Jens Schmidt, Sprecher der Wiehler Feuerwehr, vor Ort. Zwar waren die Flammen schnell unter Kontrolle, aber der Schaden ist immens.

Unmittelbar nach Ende der Löscharbeiten begann die Polizei mit den Ermittlungen zur Brandursache. Schnell stand fest, dass das Feuer, was im Inneren ausgebrochen war, vorsätzlich gelegt worden war. Nach Informationen von Oberberg-Aktuell sicherten die Beamten eine Sprühdose, die wenige Meter weiter auf einer Wiese gefunden wurde. Am Waggon fand sich die aufgesprayte Parole „Go home, Asyl“ sowie ein Hakenkreuz – in Verbindung mit dem Feuer eine offene Drohung gegen Flüchtlinge. Aus diesem Grund hat die Oberbergische Polizei mittlerweile auch den Staatsschutz in Köln eingeschaltet. Nach Polizeiauskunft sei zuletzt bekannt geworden, dass die Rhein-Sieg-Bahn plant, alte ungenutzte Schlafwagen in Wiehl möglicherweise als Notunterkünfte zur Verfügung stellen zu wollen. Daher vermuten die Ermittler, dass dies der Grund ist, weshalb der Waggon als Ziel ausgesucht wurde.

[In roten Lettern prangt die fremdenfeindliche Parole am Zugwaggon.]

In der Oberbergischen Politik hat der Anschlag für Entsetzen gesorgt. Die beiden Bundestags-abgeordneten Michaela Engelmeier (SPD) und Klaus-Peter Flosbach (CDU) bezeichneten die Tat als „abscheulich und feige“. Flosbach betonte, dass Deutschland insbesondere aufgrund seiner Geschichte eine Vorbildrolle in Europa einnehmen muss und man solch gefährlichen Entwicklungen frühzeitig Einhalt gebieten muss. Dass nun selbst im Oberbergischen solche Taten verübt werden, sind für ihn deutliche Warnsignale, dass Menschen und Politik alles in Macht stehende unternehmen müssen, um solche Gedankenströmungen im Keim zu ersticken. Genauso sieht dies auch Engelmeier: „Wo immer Rechtsextreme Stimmung machen, müssen wir gemeinsam dagegenhalten und deutlich machen: Menschen, die gerade alles verloren haben und sich hilfesuchend zu uns flüchten, sind bei uns willkommen."

Parteifreund und Landtagsabgeordneter Dr. Roland Adelmann schlägt in die gleiche Kerbe. „Leute, die glauben, so die Aufnahme von Flüchtlingen zu verhindern, haben sich getäuscht. Wir werden auch weiterhin alles unternehmen, Asylsuchende menschenwürdig unterzubringen, wie es an vielen Stellen in Oberberg bereits der Fall ist.“ Alle Politiker sind sich einig, dass man sich von solchen Angriffen nicht einschüchtern lassen werde, sondern gemeinsam den Schulterschluss suchen und vehement gegen solch ein menschenfeindliches Gedankengut vorgehen werde.

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