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Hochseilgarten zum Ende des Jahres dicht

ch; 5. Sep 2012, 16:35 Uhr
Bilder: Christian Herse --- Axel Winkler hat nach vier Jahren die Reißleine gezogen. Er wirft dem Museum vor, den Hochseilgarten-Betrieb bewusst eingebremst zu haben.
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Hochseilgarten zum Ende des Jahres dicht

ch; 5. Sep 2012, 16:35 Uhr
Lindlar – Während die Museumsleitung das Scheitern des Prestige-Projekts als Konsequenz von gescheiterten Erweiterungsplänen sieht, endet für den Betreiber damit eine vierjährige Zeit der Provokation und Eskalation.
Von Christian Herse

Es ist vier Jahre her, als sich Vertreter von Politik und Verwaltung im Wald des Freilichtmuseums Lindlar trafen und feierlich den Hochseilgarten eröffneten. „Wir haben über zwei Jahre von der Planung bis zur Umsetzung gebraucht und sind jetzt hochzufrieden. Den Park können wir um zwei weitere Parcours erweitern“, war der Erlebnispädagoge, der die Abenteuerwerkstatt in Lindlar leitet, damals noch begeistert. Doch davon ist jetzt nichts mehr zu spüren.

[Die eigenen Grenzen überwinden, Vertrauen aufbauen und im Team agieren - dies sind die pädagogischen Merkmale des Hochseilgartens.]

„Die Probleme fingen eigentlich unmittelbar danach an“, erinnert sich Winkler heute. Die für 2008 festgelegte Pacht von 1.800€ sollte im Folgejahr auf zehn Prozent des Bruttoumsatzes geändert werden, was einem hohen vierstelligen Betrag entsprach. „In langwierigen Verhandlungen konnten wir den Betrag 2010 auf 5.500€ drücken. Ursprünglich hatte man uns aber mündlich zugesagt, dass sich am Pachtvertrag in den ersten Jahren nichts ändern werde“, bemängelt Winkler. Eine Aussage, die LVR-Museumsleiter Michael Kamp nicht nachvollziehen kann: „Uns ging es jederzeit um eine enge Zusammenarbeit. Wir haben ja sogar bewusst die Pacht 2010 gesenkt, um der Abenteuerwerkstatt damit entgegenzukommen.“

Die aktuellen Preise würden in keiner Relation zu den anfallenden Kosten stehen, entgegnet hingegen Winkler: „Bei den heutigen Waldpreisen könnten wir die Fläche theoretisch zweimal kaufen. Insgesamt 70.000€ sind in den Selbstbau geflossen und unsere betriebswirtschaftlichen Berechnungen basierten auf stabile Abgaben, was den LVR betrifft.“


Zur Eskalation sei es dann aber 2011 gekommen, als er die Erweiterungspläne des Hochseilgartens, der derzeit eine Fläche von 3.600 Quadratmeter belegt, vorgestellt habe. „Zwei Gesprächstermine mit der Museumsleitung wurden einen Tag vorher abgesagt. Später sah man angeblich keinen Gesprächsbedarf mehr. Uns ist die Zeit weggelaufen“, beklagt Winkler. Dass er dann einen Bauantrag gestellt habe, ohne den Eigentümer zu fragen, sei jedoch sehr merkwürdig gewesen, moniert Kamp.

[Der Walderlebnispfad wurde der Natur überlassen und wird nur mangelhaft gepflegt, lautet ein Vowurf an das Museum.]

Ausschlaggebend für die Absage der Erweiterung sei dann aber laut dem Museum ein Gutachten vom Forstamt gewesen, in dem es hieß, dass die Standsicherheit nicht bei allen Bäumen gegeben sei. „Ich muss in erster Linie an die Sicherheit meiner Besucher denken, weswegen ich leider den Planungen nicht zustimmen konnte. Da gibt es dann auch keinen Spielraum“, bedauert Kamp. Doch für Winkler liegen die Probleme woanders: „Ursprünglich hat man uns gesagt, dass durch die Erweiterung der, durch den Hochseilgarten führende, Walderlebnispark in seiner Bedeutung verdrängt werden würde. Dabei kümmert man sich um diesen schon seit längerem kaum noch.“ Die Absage durch den Landesbetrieb Forst würde sich jedoch natürlich besser in der Öffentlichkeit verkaufen.

Grundsätzlich sei man immer wieder vor vollendete Tatsachen gestellt worden, wirft Winkler dem Museum vor. „Wir konnten immer eine direkt angrenzende Wiese für Bogenschießen nutzen, auch wenn diese nicht im Pachtvertrag aufgeführt wurde. Eines Morgens war diese von jetzt auf gleich zugeschüttet, unsere schon vergebenen Kurse mussten wir absagen.“ 

Woher die Schärfe in die Diskussion kommt, ist für Museumsleiter Kamp unerklärlich: „Es war damals eine große Kraftanstrengung, dieses Projekt bei den entsprechenden Stellen im Landschaftsverband durchzusetzen. Wie oft habe ich den Vorwurf zu hören bekommen, dass ich einen ‚Freizeitpark’ erschaffen will. Doch ich habe an das Projekt geglaubt und tue es auch heute noch, denn es funktioniert. Wir haben uns da nichts vorzuwerfen.“


[Axel Winkler arbeitet mit aktuell 35 Hochseilgarten-Trainern zusammen, um den Kunden ein auf sie maßgeschneidertes Programm anzubieten.]  

Es sei gelungen, neue Zielgruppen für das Museum zu erreichen, die sonst diesem fern geblieben wären. In Zeiten, wo Hochseilgärten „wie Pilze aus dem Boden schießen“, müsse man aber auch offensiver agieren. „Hätte man vielleicht etwas professioneller Marketing betrieben, wäre es gar nicht zu dieser Situation gekommen“, gibt Kamp zu bedenken.

Insgesamt 20.000 bis 25.000 Besucher werden den Hochseilgarten bis Ende der Saison besucht haben, schätzt Winkler: „Das ist ordentlich, auch wenn in den letzten zwei Jahren ein deutlicher Rückgang bemerkbar war.“ Genau aus diesem Grund wollte er erneut investieren, um seine Anlage gegenüber der Konkurrenz zu positionieren. „Wir sind der einzige Garten, in dem ‚Teambuilding’ und ‚Stationenklettern’ in der Region kombiniert angeboten wird“, führt er aus. „Dieses Alleinstellungsmerkmal hätten wir gerne weiter genutzt.“ Doch die jetzigen Voraussetzungen würden einen Weiterbetrieb unmöglich machen, weswegen er den Pachtvertrag zum Jahresende fristgerecht gekündigt habe. Auch Vermittlungsversuche seitens der Gemeinde hätten keinen Erfolg mehr gebracht: „Ich muss auch an die Wirtschaftlichkeit der Abenteuerwerkstatt denken.“

„Uns war allen von Beginn an klar, dass dies eine endliche Geschichte sein wird, da irgendwann die Standfestigkeit der Bäume nicht mehr gewährleistet werden konnte“, merkt Kamp an und signalisiert auf der anderen Gesprächsbereitschaft. „Wenn in der Zukunft Projekte anstehen, die wir gemeinsam mit Herrn Winkler durchführen können, dann würden wir das auch gerne machen.“ So weit will der Pädagoge nicht denken: „Jetzt sehen wir erst einmal, dass wir das restliche Programm vernünftig zu Ende bringen und dann schauen wir weiter. Die Abenteuerwerkstatt ist glücklicherweise breit genug aufgestellt.“
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