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Eine Holding zur Standort- und Zukunftssicherung

lo; 7. Sep 2007, 17:19 Uhr
Oberberg Aktuell
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Eine Holding zur Standort- und Zukunftssicherung

lo; 7. Sep 2007, 17:19 Uhr
(lo/7.9.2007 AKTUALISIERT vom 6.9.2007) Oberberg - Schon im nächsten Jahr sollen die beiden Kreiskrankenhäuser in Gummersbach und Waldbröl unter dem Dach einer Holding firmieren - "Abbau von Fachabteilungen nicht geplant“ – Kreisausschuss fasste einstimmigen Grundsatzbeschluss.
Einen Arbeitstitel hat das „Jahrhundertwerk“ (Landrat Hagen Jobi) schon: Klinikum Oberberg. Wenn möglich bereits ab dem 1. Januar sollen die beiden Kreiskrankenhäuser in Gummersbach und Waldbröl nebst ihrer Tochtergesellschaften unter dem Dach einer Holding GmbH firmieren. „Damit wollen wir die Krankenhauslandschaft in Oberberg stabilisieren und Arbeitsplätze erhalten, Qualität sichern, halten und ausbauen. Das Konzept von zwei Kreiskrankenhäusern im Süden und in der Mitte steht dabei nicht ansatzweise zur Disposition“, sagte Jobi, der die Pläne heute den Mitgliedern des Kreisausschusses vorstellte. Mit 2.500 Mitarbeitern wäre die Holding mit einem Schlag einer der größten Arbeitgeber der Region.

„Stand-Alone-Krankenhäuser sterben aus“, verdeutlichte Joachim Finklenburg, Geschäftsführer in Gummersbach, dass der geplante Zusammenschluss als Reaktion auf die sich ständig ändernde Krankenhauslandschaft zu sehen ist. Kleine Häuser auf dem Land haben finanzielle Probleme, werden privatisiert oder müssen teilweise sogar schließen. Auf dem Markt herrscht zwischen privaten, konfessionellen und kommunalen Einrichtungen ein verschärfter Wettbewerb um den Patienten. „Mit dem Zusammenschluss stärken wir unsere Marktposition und können uns finanzielle Vorteile erarbeiten“, so Finklenburg weiter.

„Wir erfinden das Rad nicht unbedingt neu. Viele kommunale Häuser haben so etwas bereits vorgemacht“, sagt Klaus Bellingen, Geschäftsführer im Waldbröler Krankenhaus, das bekanntermaßen seit Jahren defizitär ist und trotz bereits eingeleiteter Konsolidierungsmaßnahmen wahrscheinlich erst in drei bis vier Jahren wieder schwarze Zahlen schreiben kann. Wie Finklenburg und Bellingen ankündigten, ist nicht geplant, medizinische Abteilungen zu schließen.

„Gerüchte, dass Fachabteilungen abgebaut werden, sind völlig aus der Luft gegriffen“, sagte Bellingen. Die flächendeckende Grund- und Regelversorgung sowie die Spezialbereiche (Waldbröl: Kardiologie/Palliativstation, Gummersbach: Neurologie) sollen an beiden Standorten unangetastet bleiben, statt Leistungsabbau sogar neue Angebote wie die Verbesserung der psychiatrischen Betreuung im Kreissüden geschaffen werden. Auch um überregional konkurrenzfähig zu bleiben – immerhin kommen sowohl in Gummersbach als auch Waldbröl etwa 30 Prozent aller Patienten von außerhalb Oberbergs.

Finklenburg schränkte angesichts der sich permanent ändernden Rahmenbedingungen ein: „Was in einigen Jahren ist, kann niemand sagen“, so der Geschäftsführer des Gummersbacher Krankenhauses, der kurzfristige Einspareffekte in der Größenordnung von zwei Millionen Euro erwartet. Betriebsbedingte Kündingungen soll es nicht geben, der Abbau von etwa 40 Arbeitsplätzen im nicht-medizinischen Bereich binnen fünf Jahren durch Nichtbesetzung frei werdender Stellen oder personelle Fluktuation zwischen beiden Häusern erfolgen. "Wir werden versuchen, ohne betriebsbedingte Kündigungen auszukommen. Wir wollen nicht mit der Brechstange arbeiten", betont Bellingen auf OA-Nachfrage.

Ob dauerhaft alle medizinischen Teilbereiche unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu halten sind, ist aber fraglich. Die geringen Fallzahlen beispielsweise bei Kinder-Intensivfällen oder in Teildisziplinen der Mangel an Nachwuchs-Fachärzten – Probleme, mit denen auch andere Krankenhäuser zu kämpfen haben. Hier hoffen die Beteiligten, dass durch die Kooperation mit den Universitäten Köln (Gummersbach) beziehungsweise Bonn (Waldbröl) vermehrt Jungärzte den Weg ins Oberbergische finden.

Es gibt also keine langfristigen Bestandsgarantien: Im Rahmen der neuen Krankenhausfinanzierung werden 2009 bundeslandweit einheitliche diagnoseabhängige Pauschalvergütungen für jeden Behandlungsfall eingeführt. Kliniken mit niedrigen Betriebskosten beziehungsweise guter Auslastung werden nach Einschätzung von Experten damit besser zurechtkommen als andere Häuser. „Wir wollen die beiden Krankenhäuser bis 2009 fit machen“, sieht Finklenburg die Holding als einziges Mittel, um die beiden Standorte vor diesem Hintergrund dauerhaft zu erhalten.

Um die Holding-Pläne in die Tat umzusetzen, müssen noch die weiteren beteiligten Gesellschafter, sprich: Kommunen, sowie der Landschaftsverband Rheinland (LVR), der neben Kreis und Stadt zu den Trägern des Gummersbacher Krankenhaus gehört, zustimmen. Die Trägerstruktur bleibt in beiden Häusern so erhalten wie bisher. „Ich habe mit allen Bürgermeistern sowie Vertretern vom LVR gesprochen. Die Holding wird von allen mitgetragen“, sagte der Landrat.

Auch die Kreispolitik sieht fraktionsübergreifend in der Zusammenführung den richtigen Schritt, auch wenn dieser für einige zu spät gekommen ist. „Dass es große finanzielle Probleme gibt, war klar. Wieso wird es jetzt gegengesteuert“, fragte Helmut Schäfer (Bündnis 90/Die Grünen). Der Kreisausschuss fasste einstimmig einen Grundsatzbeschluss, dass die nächsten Schritte zur Bildung der Holding eingeleitet werden sollen.

Fakten Krankenhaus Waldbröl
- Betten: 375
- Fälle pro Jahr: ca. 14.000
- Gesellschafter: Oberbergischer Kreis (60 Prozent), Stadt Waldbröl, Gemeinde Morsbach, Gemeinde Reichshof, Stadt Wiehl, Gemeinde Nümbrecht, Gemeinde Windeck, Gemeinde Ruppichteroth

Fakten Krankenhaus Gummersbach
- Betten: 830
- Fälle pro Jahr: ca. 23.000
- Gesellschafter: Oberbergischer Kreis (41 Prozent), Landschaftsverband Rheinland (33 Prozent), Stadt Gummersbach (26 Prozent).

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