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Saludos de Bolivia: Die Regenzeit beginnt, die Schule ist aus, das Jahr ist rum

Red; 15. Jan 2007, 00:00 Uhr
Oberberg Aktuell
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Saludos de Bolivia: Die Regenzeit beginnt, die Schule ist aus, das Jahr ist rum

Red; 15. Jan 2007, 00:00 Uhr
(Red./31.12.2006-15:15) Tapacarí – Die Wipperfürtherin Esther Biesenbach verbringt mit einer weiteren Freiwilligen ein Jahr bei einem Orden der „Steyler Missionare“ in Bolivien und arbeitet in der Ortschaft Tapacarí in einem Kinderinternat – auf OA berichtet sie von ihren Eindrücken und Erlebnissen.
[Bilder: Esther Biesenbach --- Gruppenfoto im Internat: Ab Beginn der Regenzeit haben die Kinder Ferien, der Unterricht im Internat wird erst Ende Februar wieder aufgenommen.]

Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen – Dieser Spruch fiel Esther ein, als sie Mitte November von einem regelmäßigen „Tip, Tip, Tip“ aufwachte. Das Zimmer, in dem Esther und Alexandra schlafen, hatte ein Leck – genau über einem der Betten. Keine guten Voraussetzungen zum Beginn der Regenzeit. An einem Nachmittag Ende November kam so viel Wasser aus den Bergen in die trockenen Flussbette, dass ein Durchkommen mit dem Auto nur noch schwierig möglich war. „Zusammen mit den Internatsschülern standen wir am Abhang und bestaunten die Wassermassen. Etwas mulmig war uns dabei, denn uns stellte sich die Frage, wie wir wohl in gut einem Monat in die Stadt kommen sollten“, erzählt Esther von den ersten Eindrücken der Regenzeit. So sehr wie es am einen Tag geregnet hatte, so sehr schien aber auch am nächsten Tag die Sonne und die Wege waren wieder frei.

[Ihre „Adoptivoma“ haben Esther (rechts) und Alexandra besonders ins Herz geschlossen. Sie wohnt in Tapacarí ohne Angehörige und betreibt dort einen Tante-Emma-Laden.]

Ende November endet zwar der Unterricht in der Schule, doch das Internet geht noch gut drei Wochen weiter. Als Esther und Alexandra aus Cochabamba wiederkamen, war die Schule unerwarteter Weise bereits zwei Tage zu. Wann die Schule enden sollte, wurde zuvor schon hitzig diskutiert. Erst sollte es der 16. November sein, doch bald kam die Nachricht von oben, dass es dann den versprochenen Zuschuss von der Regierung nicht geben würde. Also sollte bis Ende November weitergearbeitet werden.

Über das dann doch verfrühte Ende schüttelte Esther nur lächelnd den Kopf: „Am 22. November ist besagtes Geld eingetroffen, bereits einen tag darauf wurden die Türen geschlossen. Dafür müssen die Lehrer aber auch schon Anfang Februar wieder eintrudeln, was genau genommen keinen Sinn macht, denn zu dieser Zeit sind die Flüsse noch so voll mit Wasser, dass es für die Kinder unmöglich ist, in die Schule zu kommen. So sitzen die Lehrer also Jahr für Jahr mindestens einen Monat vor leeren Klassenzimmern, nur damit sie ihren Lohn beziehen können. Dass es sinnvoller wäre, die Schule im noch halbwegs trockenen Dezember weiterzuführen und dafür den Februar frei zu machen, scheint hier niemand so zu sehen.“

[In vielen Bergdörfern wurden Weihnachtsmessen zelebriert.]

Dieses Jahr hat die Wipperfürtherin ein ganz anderes Weihnachten erlebt. Jedes Jahr wandert Schwester Maxi, der Seminarist Oscar und der Padre in der Woche vor Heilig Abend zu einigen ausgewählten Gemeinden in den Bergen, um dort Weihnachtsmessen zu feiern. Die beiden freiwilligen Helfer aus Deutschland waren in diesem Jahr mit dabei.

„Die kleinen Gemeinden, in die wir gewandert sind, bestehen aus einigen kleinen Steinhäuschen. Es gibt weder Strom noch fließend Wasser. Wir trafen auf einige Kinder, die wir schon aus dem Internat kannten, was das Erkunden dieser kleinen verlassenen Orte noch spannender machte. Als Altar für die Weihnachtsmessen diente meist ein einfacher Holztisch auf der Dorfwiese. Gerade hier in der Weite der Berge, zwischen den bitterarmen Menschen erlebten wir, was Weihnachten wirklich bedeutet. Kleine Spielzeugautos und Puppen, ein gespendetes Kleidungsstück und einige Kekse bringen die Augen der Kinder und auch deren Eltern nach der Messe zum Strahlen. Geschenke an Weihnachten zu bekommen, führt bei diesen Menschen zu einem vollkommenen Glücksgefühl und ihre riesige Freude über ein Hemd, eine Jacke oder ein paar abgelegte Schuhe springt schnell auf uns über“, berichtet die Wipperfürtherin von ihren Weihnachtserlebnissen.

Den Weihnachtsabend haben die beiden Mädchen dann zusammen mit den Schwestern, dem Padre, dem Seminaristen Oscar und noch einigen Menschen gefeiert. Nach der Christmette gab es Geschenke aus Deutschland. Nach Weihnachten hieß es packen, denn Esther und Alexandra sind während der Regenzeit für ein Projekt in Cochabamba eingeplant: „Bis Mitte Februar arbeiten wir in einer Art Kinderheim in der Stadt. Über Silvester fahren wir auf Ferien nach Argentinien, um dort mit einem anderen MaZler das neue Jahr zu begrüßen. Wir freuen uns schon riesig auf die Reise.“

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