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Biesenbach unter Druck: Vorsitzender des Richterbundes fordert Rücktritt

Red; 3. Dec 2003, 06:22 Uhr
Oberberg Aktuell
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Biesenbach unter Druck: Vorsitzender des Richterbundes fordert Rücktritt

Red; 3. Dec 2003, 06:22 Uhr
(Red./21.11.2003-15:50) Oberberg - Der gestrige Justiz-Eklat um Oberbergs Landtagsmitglied Peter Biesenbach beim Verfahren gegen den Ex-Steinmüller-Geschäftsführer Sigfrid Michelfelder schlägt hohe Wellen: Ihm wird versuchte Einflussnahme bei einnem Gerichtsverfahren unterstellt - Biesenbach: "Habe nichts Verbotenes getan."
[Archivbild: Mengedoht --- Oberbergs Landtagsabgeordneter Biesenbach ist überzeugt: "Ich habe nichts Verbotenes getan." Die Angelegenheit werde hochgespielt.]

Wie verschiedene Medien berichten, hatte Biesenbach (rechtspolitscher Sprecher der CDU-Landtagsfraktion) unmittelbar vor dem Prozessauftakt im Kölner Müllskandal mit Richter Martin Baur telefoniert, um zu erreichen, dass Dietrich Lunderstädt, CDU-Ratsherr aus Radevormwald, als Schöffe zurückgezogen werde. Der zur Zeit arbeitslose Lunderstädt hatte Biesenbach gebeten, ihn bei dem Rückzug von dem Posten zu unterstützen, da er für ein Mammutverfahen von mindestens 69 Prozesstagen bis in den nächsten September hinein nicht genügend Zeit habe. Es mindere seine Chancen, eine neue Anstellung zu finden.

Die Anfrage des Hückeswagener Rechtsanwaltes beim Richter, ob man sich "in dieser Angelegenheit nicht einigen könnte", wurde abgelehnt. Daraufhin soll Biesenbach laut Baur erklärt haben, sich an den NRW-Justizminister wenden zu wollen. "Sie werden noch von uns hören", soll der gelernte Rechtsanwalt gegenüber Baur abschließend gesagt haben.

Das habe er noch nicht erlebt, dass ein rechtspolitischer Sprecher einer Fraktion glaube, "er könnte so rummauscheln", empörte sich der Richter. Biesenbach sei jemand, "der die Justiz offenbar als Wurmfortsatz der Politik betrachtet und für den Gewaltenteilung ein Fremdwort ist." Zugleich wunderte sich der Baur darüber, dass Biesenbach geglaubt haben könne, er würde den Vorgang geheim halten.

"Wenn das so hochgespielt wird, frage ich mich schon nach Motiven"

Der Verteidiger des Angeklagten Ulrich Eisermann (Ex AVG-Chef), Volkmar Mehle, nahm den Vermerk Baurs über das Gespräch mit Biesenbach auf und beantragte gestern, den Radevormwalder wegen Befangenheit auszutauschen. Lunderstädt wurde somit seines Schöffenpostens noch am ersten Prozesstag entpflichtet. Dadurch verzögerte sich der Auftakt im Kölner Müllskandal-Prozess beträchtlich.

Biesenbach ist sich keiner Schuld bewusst. Er bestätigt das Gespräch mit Baur, aber er habe sich nicht als rechtspolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion gemeldet, sondern als Abgeordneter für Oberberg. "Da ist es meine Tätigkeit zu helfen, und Lunderstädt hatte mich um Beistand gebeten", erläuterte Biesenbach heute auf unsere Anfrage. Es gebe im Gerichtsverfassungsgesetz schließlich den Paragrafen 35 Ziffer 7, in dem festgelegt sei, dass ein Schöffe entbunden werden kann, wenn eine besondere Härte vorliegt und seine wirtschaftliche Existenz gefährdet sei. "Diese Frage wollte ich mit dem Richter diskutieren."

"Ich habe nichts Verbotenes getan"

Er sei sich mit Baur aber nicht einig geworden, der sich "diesen Anruf verbäte und es unverschämt finde, dass die Politik sich einmische", berichtete Biesenbach. Er habe sich gefragt, ob sein Anruf wirklich eine Unverschämtheit sei und gesagt: "Wenn Sie ernsthaft dieser Meinung sind, würde diese Frage gerne einmal mit dem Minister diskutieren. Damit war für mich die Sache erledigt - bis gestern vor Gericht", stellt der Hückeswagener klar. Der Anruf gehöre zum täglichen Geschäft, sei nichts ungewöhnliches und erst recht nichts verbotenes, betonte Biesenbach. "Wenn das so hochgespielt wird, frage ich mich schon nach Motiven, aber ich will nicht spekulieren."

Der Hückeswagener Rechtsanwalt geht nicht davon aus, dass es noch ein Nachspiel geben wird; "ich habe jedenfalls nichts Verbotenes getan!" Den Vorwurf, Druck auf den Richter ausgeübt zu haben, wies Biesenbach eindeutig zurück.

Mit dieser Erklärung gibt sich der Deutsche Richterbund nicht zufrieden: "Wenn das stimmt, muss Biesenbach die Konsequenzen ziehen. Er kann kein rechtspolitischer Sprecher bleiben", sagt dazu der Vorsitzende des Richterbundes, Wolfgang Ahrenhövel, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa, "ich halte es für einen Skandal, wenn sich Politik hier in unglaublicher Weise in ein Verfahren einmischt. Das ist schlicht verfassungswidrig und eine Missachtung der Gewaltenteilung."

Biesenbach sagte zu dieser Anschuldigung, dass diese Erklärung Ahrenhövels wohl nur unter der Voraussetzung gelte, "dass die Vorwürfe gegen mich stimmen, aber sie stimmen nicht".

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