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Vom Ich zum Du - Für sich und andere sorgen

us; 8. Feb 2019, 12:25 Uhr
Bilder: Ute Sommer --- Für einen hochkarätigen Vortragsabend bedankten sich Eva Eckardt (2. Vorsitzende Förderverein, v.li.), Mike Altwicker (Hansen & Kröger) und Reinhard Schmidt (1. Vorsitzender Förderverein) bei Pater Anselm Grün.
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Vom Ich zum Du - Für sich und andere sorgen

us; 8. Feb 2019, 12:25 Uhr
Wiehl - Der Vortrag des Benediktinermönchs Anselm Grün lockte mehrere hundert Zuhörer in die evangelische Kirche Wiehl - Weitere 150 Besucher verfolgten die Direktübertragung im Gemeindehaus.
Von Ute Sommer

Er ist der weltweit meistgelesene christliche Autor der Gegenwart, die Liste seiner veröffentlichten Bücher zählt über 300, er hält jährlich rund 200 Referate und Seminare im In-und Ausland. Kein Wunder also, dass noch bevor überhaupt die Werbung für den Vortrag von Anselm Grün angelaufen war, sämtliche Eintrittskarten vergriffen waren. Auf Einladung des Fördervereins der evangelischen Kirchengemeinde Wiehl und der Buchhandlung Hansen und Kröger konnte der ehemalige Cellerar der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach für die Visite in Wiehl gewonnen werden.


Im traditionell schlicht schwarzen Habit, seinen Zuhörern stets mit entgegenkommendem Blickkontakt zugewandt und umgeben von der ihm eigenen wohlwollenden Ausstrahlung, erörterte der katholische Theologe, Philosoph und studierte Betriebswirtschaftler das jedem menschlichen Wesen innewohnende Gefühl der Sorge. "Sorget nicht um euer Leben", fordert schon Jesus Christus in Neuen Testament dazu auf, sich nicht von quälenden Sorgen gefangen nehmen zu lassen, der Philosoph Martin Heidegger definiert den Menschen als einen "ständig sich Sorgenden."
  
"Sorge ist Liebe", deutet Grün die vielschichtigen  Aspekte der Sorge der Eltern um ihre Kinder, des Einzelnen um Gesundheit und Wohlbefinden, die der Partner um Trennung oder Vertrauen. Mit griffigen Beschreibungen aus seiner seelsorgerlichen Beratungspraxis illustrierte der Theologe die bekannten Alltagssituationen von Geschwisterstreit, Familienzwist, Konflikte im Beruf oder die nachgewiesenermaßen zunehmenden Depressionserkrankungen junger Erwachsener zwischen 18 und 24. Schon das Sprichwort "Kleine Kinder, kleine Sorgen - große Kinder, große Sorgen" zeige, dass die elterliche Sorge um ihre Kinder mit zunehmendem Lebensalter nicht abnehme, sondern sich lediglich in ihrer Qualität verändere.

"Es gilt das richtige Maß zu finden", rief er dazu auf, die Belastungen im Gebet mit Gott zu benennen, um so einen inneren Positionswechsel vornehmen zu können. Gerade da wo die menschliche Sorge an Grenzen gerate, wachse im Gebet eine Hoffnung, die die Sichtweise positiv beeinflusse. Er machte Mut, auch die negativ konnotierten Gefühle von Aggression und Überforderung anzuschauen, sich selbst ernst zu nehmen, um ein gesundes Maß von Nähe und Distanz zu regeln. Nur wer für sein persönliches inneres Gleichgewicht sorge trage, könne sich den Mitmenschen zuwenden und das ihm Mögliche tun. "Wir müssen für innere Gelassenheit sorgen, Rollenzuweisungen überprüfen und in Frieden kommen mit uns selbst."

Über die individuelle Sorge hinaus trügen Christen Verantwortung für Menschen in Not.  "Ohne die Kirchen wäre unsere Gesellschaft kälter", unterstrich er karitative und diakonische Hilfeleistungen für Benachteiligte. Am wichtigsten in aller Sorge allerdings sei, dass Gott sich zuallererst um seine Menschen sorge. Grüns Aufforderung, sich selbst mit allen Marotten in den Arm zu nehmen, um stehend mit vor der Brust gekreuzten Armen ein Abendgebet zu sprechen, kamen alle Anwesenden in großer Ergriffenheit nach. Nach dem Schlussapplaus bildeten sich lange Schlangen vor dem Büchertisch, an dem der Autor seine Werke signierte.
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