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Hilfe für Johanna: Handeln, nicht hadern

bv; 7. Jul 2018, 08:57 Uhr
Bild: Bernd Vorländer --- Freuten sich bei der Übergabe des Fahrzeugs: (v. li.) Mischa Kolpacki (KiJu), Wolfgang Oehm (ONI), Markus, Britta, Johanna und Jonas Klein, Markus Kind (Rolf Kind GmbH) und Stephan Löhr (KiJu).
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Hilfe für Johanna: Handeln, nicht hadern

bv; 7. Jul 2018, 08:57 Uhr
Lindlar - Ein schwerer Schlag traf die Lindlarer Familie Klein wie aus heiterem Himmel - Die beiden Lindlarer Unternehmer Wolfgang Oehm und Markus Kind bewegte das Schicksal und sie halfen uneigennützig.
Von Bernd Vorländer

Es gibt Lebenssituationen, die mag man sich niemals vorstellen, geschweige denn selbst erleben. Schicksale, die so unbarmherzig sind, dass man sich fragt, wo denn der Schutzengel in diesem einen speziellen Moment war? Eine Antwort gibt es nicht, nur den festen Familienwillen, es schaffen zu wollen. Gemeinsam. Familie Klein aus Lindlar hat niemals aufgegeben, die Prüfung angenommen, alles hinbekommen. Aber sie brauchte irgendwann auch Hilfe, weil die finanziellen Mittel einfach erschöpft waren. Wer um Hilfe nachsucht, erlebt folgende Reaktionen: Die einen schauen beschämt weg und sehen zum teilen keinen Grund. Die anderen zücken ihr Scheckbuch, tragen einen Betrag ein und hoffen, dass damit "der Spuk" vorüber gehen möge. Und es gibt Menschen wie Markus Kind und Wolfgang Oehm.


Doch der Reihe nach. Das Leben hatte es gut gemeint mit Britta und Markus Klein. Ein glückliches Paar mit zwei gesunden kleinen Kindern, Häuschen im Grünen und noch jede Menge Zeit, über eine eine glückliche Zukunft nachzudenken. Dann kam der 4. Oktober 2005, ein goldener Herbsttag, der von einem Moment auf den anderen das Leben der Familie komplett verändern sollte. Kurz nach 14 Uhr folgte der Alptraum jeder Mutter. Britta Klein ist im Haus unterwegs, will ihre Tochter Johanna nicht alleine im Erdgeschoss lassen und nimmt sie auf dem Arm mit in den Keller. Auf der Treppe gerät sie ins Stolpern, das Kind entgleitet ihr und prallt gegen die Wand. Ein Drama. Notarzt, Rettungshubschrauber, künstliches Koma in der Uniklinik Köln. Johanna hat das schlimmste Schädel-Hirn-Trauma, das denkbar ist. Nach zwei Wochen wagen die Ärzte eine notwendige Gehirnoperation. Während des mehrstündigen Eingriffs muss ein großer Teil der linken Gehirnhälfte entfernt werden.

Es folgen Jahre mit schier endlosen Behördengängen, Therapien, Reha-Aufenthalten. Johanna lernt mit viel Training selbständig zu trinken und mit Unterstützung zu essen. Aber - das Kind ist halbseitig gelähmt und Epileptikerin. Es bedarf also der Pflege und Zuwendung. "Sie ist ein fröhliches Kind mit einem tollen Humor und lautem Lachen", sagt Britta Klein. Die Familie hat vieles finanziell alleine gestemmt, Therapien selbst bezahlt, weil die von der Krankenkasse nicht übernommen wurden und behindertengerecht neu gebaut. Im vergangenen Jahr waren dann alle privaten Mittel aufgebraucht, doch es gab dennoch Notwendigkeiten.

Man benötigte einen Treppenlift, weil die heute Zwölfjährige der Mutter zu schwer geworden war, um sie herunterzutragen. Und auch das alte Auto der Kleins machte schlapp. Um Arztbesuche und Therapien weiter zu ermöglichen, war ein behindertengerechtes Fahrzeug nötig. "Wir wussten nicht mehr weiter und haben 40 Lindlarer Firmen angeschrieben, ob sie uns helfen könnten. Natürlich ist es uns unsagbar schwer gefallen, als Bittsteller aufzutreten", sagt Britta Klein.

Jetzt kommen Wolfgang Oehm, Chef des Energie-Spezialisten ONI, und Markus Kind, Geschäftsführer der Rolf Kind GmbH, einem Unternehmen für Schmiedetechnik, ins Spiel. Beide sind Väter, beiden gingen die Bilder des Dramas nicht mehr aus dem Kopf. Wolfgang Oehm nahm den Telefonhörer zur Hand, meldete sich umgehend bei der Familie bot nicht nur Hilfe an, sondern entwickelte eigene Ideen zur Unterstützung, nahm seine Lieferanten bei der Hilfe mit ins Boot und sorgte dafür, dass das Projekt ins Rollen kam. "Für mich ist das absolut selbstverständlich. So verstehe ich meine Aufgabe", sagt Oehm. Markus Kind besuchte die Familie und lernte Johanna kennen. "Das Schicksal hat mich sehr bewegt. Aber ich habe bei den Kleins eine unglaubliche Lebensfreude gespürt." Beide Unternehmer sorgten so dafür, dass der Löwenanteil des hohen fünfstelligen Betrages zusammenkam, der benötigt wurde. Auch der Förderverein für Kinder und Jugendliche in Lindlar (KiJu) war mit den Vorsitzenden Stephan Löhr und Mischa Kolpacki stets an Bord, beriet, richtete ein Konto ein und sorgte dafür, dass alle rechtlichen Vorgaben erfüllt wurden.

Am Freitag wurde das Fahrzeug, das über eine Hubeinrichtung verfügt, an die überglückliche Familie übergeben. Der Treppenlift ist inzwischen eingebaut. Die Kleins bedankten sich mit einer opulenten Kaffeetafel bei ihren Helfern.
  
  
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