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Der 'Plan B' wurde überraschend übertrumpft

ls; 6. Jul 2018, 13:00 Uhr
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Der 'Plan B' wurde überraschend übertrumpft

ls; 6. Jul 2018, 13:00 Uhr
Marienheide - Bei der gestrigen Ratssitzung sorgte Timo Fuchs für eine faustdicke Überraschung in Sachen Handlungskonzept - Gespräch mit der Bevölkerung wird jetzt erneut gesucht.
Von Leif Schmittgen

Als Bürgermeister Stefan Meisenberg gestern Abend um 21 Uhr die dreistündige Ratssitzung beendete, herrschte so etwas wie Zufriedenheit in den Gesichtern aller Fraktionsmitglieder – und vielleicht sogar ein Fünkchen Hoffnung. Denn das durch den Bürgerentscheid gekippte Handlungskonzept ist vielleicht doch noch zu retten: Grund dafür ist ein vom stellvertretenden Bürgermeister Timo Fuchs vorgelegter und von seiner CDU-Fraktion getragener Antrag, in dem er vorschlägt, dass man erneut mit Bürgern, Gewerbetreibenden und sonstigen Dienstleistern im Ort, das Gespräch suchen möchte. 

Der Antrag schlug ein wie eine Bombe, denn nachdem Bürgermeister Meisenberg in der vergangenen Woche seinen angekündigten Plan B im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss vorstellte, herrschte bei Vielen Ernüchterung (OA berichtete).  Demnach sah der Beschlussvorschlag drei Abstimmungspunkte vor: 1. Der Grundförderantrag zur Sanierung des Heier Platzes wird zurückgezogen, 2. Die Verwaltung wird beauftragt ein weiteres jetzt integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept (ISEK) genanntes Förderkonzept zu entwickeln und 3., die Verwaltung damit zu beauftragen, die Ausschreibung des (als Teil des Plan B vorgestellten) abgeänderten Verkehrskonzeptes auf den Weg zu bringen.

 

Nach dem nun, von Fuchs und der CDU, vorgelegten Antrag soll dieser den Punkt 2 in der Beschlussvorlage ersetzen. Stattdessen sollen laut dem Antrag Arbeitsgruppen gebildet werden, die frei nach verschiedenen Themenbereichen gebildet werden. Die Mitglieder sollen dann mit den Menschen das Gespräch suchen.  
  
Die Ergebnisse sollen danach in ebenfalls zu bildenden Lenkungskreisen besprochen werden und das dann angepasste Förderkonzept, durch den Bürgermeister bei der Bezirksregierung eingereicht werden. Parallel soll Meisenberg in Kontakt mit den Vertretern der Regierung bleiben, um die Chancen des Konzepts weiter auszuloten. Fuchs hatte nach Bekanntwerden des Plan B in den vergangenen Tagen mehrere Gespräche mit Händlern und Bürgern im Ort geführt, um die Stimmungslage auszuloten.     

Einen Hacken hat der Plan allerdings: Der Faktor Zeit könnte das Vorhaben nämlich noch kippen, da alles bis zum Jahresende vorliegen muss. Und davor warnte der Bürgermeister. Einigkeit in allen Faktionen herrschte darüber, das Förderkonzept nicht zurückzuziehen und den Punkt 2. durch den Antrag als Beschluss zu ersetzten. Punkt 3, die Ausschreibung des Straßenumbaus soll parallel erfolgen. Bei nur zwei Gegenstimmen hat man sich zu dem geeinigt, das IHK (Punkt 1.) nicht zurückzuziehen. Dem Beschluss ist eine gut zweistündige Diskussion vorausgegangen. Alle Fraktionen fanden den christdemokratischen Antrag und das offensichtliche „Klinkenputzen“ von Fuchs lobenswert, diskutierten aber über Details.   

Während Bündnis 90/Grüne, FDP und UWG applaudierten, war bei der SPD zunächst Skepsis angesagt: Harald Kramer erbat sich „intensive Beratungszeit“. Die Diskussion drohte zunächst wieder in alte Muster zu verfallen, denn gegenseitige Schuldzuweisungen über das Bürgerbegehren standen auf der Tagesordnung. Kirsten Zander-Wörner (Grüne) hatte in die Runde appelliert, dass es keinen Sinn mache über vergangene Ereignisse zu diskutieren, die sowieso nicht mehr zu ändern seien. Stattdessen solle man nun gemeinsam nach vorne schauen - und möglichst an einem Strang ziehen. Nachdem es eine zehnminütige Sitzungsunterbrechung zur Beratung der SPD-Mitglieder gegeben hatte, stimmten sie schließlich auch dem CDU-Antrag zu.   

Möglichst schnell sollen nun alle Punkte auf den Weg gebracht werden, um sich alle Chancen – auch wenn sie wegen der Zeit eher gering sind – offen zu halten. „Sollte es nicht funktionieren, können wir den Antrag auch Ende des Jahres noch zurückziehen und dann über ein neues ISEK nachdenken“, sagte CDU Fraktionschef Carsten Jaeger.   

Rat kurz und kompakt

- Anke Vetter (SPD) wurde gestern nach fast 14-jähriger Mitgliedschaft als Ratsmitglied verabschiedet. Die ehemalige stellvertretende Bürgermeisterin erhielt von Stefan Meisenberg als Dank die silberne Medaille der Gemeinde. Vetter verlagert ihren Lebensmittelpunkt ins Havelland.   
 
[Bild: Leif Schmittgen --- Anke Vetter wurde gestern feierlich verabschiedet.]

- Der Erweiterungsbau der Grundschule Müllenbach ist beschlossen. Einstimmig votierte der Rat die 707.500 € teure Variante 2, bei der 515.000 € durch das Projekt „Gute Schule 2020“ gefördert werden. Demnach entstehen unter anderem ein kleiner Anbau des OGS-Gebäudes, drei sogenannte Differenzierungsräume und Raumverschiebungen im Gebäude. (Alle Informationen sind online im Bürgerinformationssystem der Gemeinde nachzulesen).   

- Die Ratsmitglieder verzichten künftig auf Papier und werden alle Informationen nur noch digital erhalten. Man entschied sich zum Kauf von Tablet PCs, die auf dem Betriebssystem „Android“ basieren.

- Der Bürgermeister wurde bei der Feststellung des Jahresabschlusses 2017 einstimmig entlastet.

- Zu allen übrigen Tagesordnungspunkten (siehe Bürgerinformationssystem) votierte man einstimmig.  

- Dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen nach Anhörung eines Sachverständigen des NABU-Oberberg zum weiteren Verfahren der Flächennutzungsplanaufstellung der Gemeinde wurde ohne Beschluss zugestimmt. Ein Sachverständiger soll in einer der nächsten Ausschusssitzungen zu Wort kommen.

- Die SPD-Fraktion hat gestern – unabhängig vom IHK-Beschluss - eine Stellungnahme zum Bürgerentscheid verlauten lassen. In dieser stellt man sich unter anderem die Frage, wie es zu diesem aus Parteisicht „Desaster“ trotz vier Bürgerveranstaltungen im Vorfeld des Entscheides kommen konnte und man werde etwaige Fehler, die auch zu Misstrauen zu Verwaltung und Rat aus der Bevölkerung, aufarbeiten. Man möchte verlorenes Vertrauen zurückgewinnen.
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