Archiv

Aufatmen und Abschiedsstimmung

bv; 3. Jun 2018, 21:06 Uhr
Bilder: Alexander Arnold --- VfL-Linkshänder Florian Baumgärtner netzte dreimal ein, produzierte aber auch einige Fehler.
ARCHIV

Aufatmen und Abschiedsstimmung

bv; 3. Jun 2018, 21:06 Uhr
Gummersbach - Beim letzten Saisonauftritt des VfL Gummersbach geriet das 29:31 gegen die TSV Hannover-Burgdorf fast schon zur Nebensache - 'RPP - Ambulantes Therapie- und Reha-Zentrum' und die AggerEnergie präsentieren die Berichterstattung über den VfL Gummersbach (AKTUALISIERT).
Von Bernd Vorländer

VfL Gummersbach - TSV Hannover-Burgdorf 29:31 (15:16).

Natürlich ging es um Handball, um Tore, um zwei Punkte. Aber irgendwie war es auch ein Tag des Aufatmens - und des Abschieds. Als VfL-Sportdirektor Christoph Schindler nach der Partie gegen Hannover-Burgdorf das Mikrofon ergriff und den Fans der Blau-Weißen für ihre Unterstützung und ihre Treue dankte, war zu spüren, welche Last von ihm abfiel. Der psychische Druck auf der Geschäftsstelle sei in  den vergangenen Wochen immens gewesen. "An dem Abschneiden der Mannschaft hängen ja auch Existenzen dran", betonte Schindler, der gemeinsam mit der Vereinsspitze insgesamt sechs Spieler verabschiedete. Marcel Timm, Max Jaeger, Sebastian Schöneseifen, Florian von Gruchalla, Josef Pujol und Simon Ernst schließen sich anderen Vereinen an. Alle erhielten ein Erinnerungsbild und besonders bei Ernst brandete der Applaus der Zuschauer auf, die erneut "ihrem" VfL die Ehre erwiesen. Der verletzte Nationalspieler, der sich erst im blau-weißen Dress zu einem Top-Akteur entwickelt hatte, genoss den Jubel der Zuschauer - ein Höhepunkt in einer für ihn entbehrungsreichen Saison.



[VfL-Rechtsaußen Tobias Schröter mit grimmiger Entschlossenheit.]  

Ungewöhnlich war der Beginn der Partie, denn als die 4.016 Fans und die beiden Teams fünf Minuten vor dem geplanten Anpfiff erwartungsvoll ihre Plätze eingenommen hatten, ertönte über die Lautsprecher eine Sirene und die Ordner forderten alle Beteiligten auf, die Halle umgehend zu verlassen. Grund war ein Feueralarm in einer der Kabinen, der offenbar durch einen Fön ausgelöst worden war. Doch rasch konnte Entwarnung gegeben werden und nur mit geringem Verzug begann die Partie.  


Die Gastgeber gingen zwar rasch in Führung, doch Hannovers Morten Olsen gab mit seinen Unterhandwürfen den VfL-Spielern in der Anfangsphase einige Rätsel auf. Die TSV ging in Front, konnte sich aber nicht absetzen. Beim 8:8 (14.) war der VfL wieder dran, kurz zuvor hatte Gummersbachs Alexander Becker bereits seine zweite Hinausstellung kassiert. Beide Mannschaften agierten in der Abwehr nachlässig und ermöglichten so den jeweiligen Angriffsreihen etliche sehenswerte Treffer. Mit dem nach 17 Minuten eingewechselten Matthias Puhle im Tor gewann der VfL jedenfalls an Stabilität, "Matze" hielt zwei Gegenstöße hintereinander und setzte seine starke Leistung auch nach der Pause fort, in die die Gäste mit einem knappen Vorsprung gegangen waren.



[Ob man Kreisläufer Moritz Preuss in Gummersbach nochmal als VfL-Spieler sieht? Manche Zeichen deuten auf einen Abschied im Sommer.] 



Doch der VfL war entschlossener aus der Kabine gekommen. Tobias Schröter besorgte nach langer Zeit beim 17:16 wieder die erste Führung und es sollte noch besser kommen. Die plötzlich indisponierten TSV-Spieler gerieten mit 22:18 und 24:21 ins Hintertreffen, vieles deutete darauf hin, dass der VfL mit dem größeren Willen zur Wiedergutmachung einer schwachen Saison, das Duell gewinnen würde. Doch die Blau-Weißen brachten sich selbst um den Lohn. In Unterzahl leistete man sich drei gefährliche Anspiele, die allesamt in den Armen der Hannoveraner Deckung landeten, die zweimal hintereinander binnen weniger Sekunden ins leere Gummersbacher Tor trafen. So machten die Gäste mit einem 6:0-Lauf eine Drei-Tore-Führung, auch weil Linksaußen Casper Mortensen erneut eine sensationelle Leistung bot, mit Trickwürfen und Hebern glänzte und 14 Treffer erzielte - was ihm die Torjägerkrone der Bundesliga einbrachte. Dass Mortensen jetzt zum FC Barcelona wechselt, wunderte niemanden in der SCHWALBE arena.

Der VfL kam nochmal auf 26:27 heran, konnte das Ruder aber nicht mehr herumreißen. So war die knappe Niederlage am Ende nicht unverdient. Was auffiel: Josef Pujol bot einmal mehr eine Klasse-Partie. Dass der wendige und schussstarke Mittelmann geht, wird dem VfL weh tun. Das erste Jahr von Eirik Köpp im VfL-Trikot war ein schwieriges. Aber der Norweger deutete sein Potential mehrmals an. Derzeit wirkt er im Angriffsspiel noch etwas hölzern, doch wenn er an sich arbeitet, könnte die Liaison zwischen dem VfL und dem wurfkräftigen "Nordmann" noch zu einem guten Ende kommen.


[VfL-Rückraumspieler Eirik Köpp verwandelte vier seiner fünf Siebenmeter.]  

Und auch die letzten Entscheidungen fielen an diesem finalen Spieltag. Flensburg sicherte sich in einem Zitterspiel gegen Göppingen die zweite deutsche Meisterschaft, Ludwishafen sicherte sich mit einem Sieg gegen Erlangen den Klassenerhalt, N-Lübbecke und Hüttenberg müssen abstiegen und der VfL Gummersbach belegt im Schlusstableau den 15. Platz.

VfL Gummersbach: Josef Pujol, Moritz Preuss (je 5), Eirik Köpp (5/4), Stanislav Zhukov (4), Marvin Sommer, Florian Baumgärtner (je 3), Tobias Schröter, Florian von Gruchalla (je 2)

TSV Hannover: Casper Mortensen (14/5), Morten Olsen (5), Timo Kastening (4), Kai Häfner (3), Fabian Böhm (2), Mait Patrail, Runar Karason, Ilija Brozovic (je 1)



Trainerstimmen:
Denis Bahtijarevic (VfL Gummersbach): "Eigentlich war ich nach 40 Minuten sicher, dass wir das Spiel gewinnen könnten, aber dann haben wir uns durch dumme Ballverluste selbst geschlagen und konnte dann nicht mehr nachlegen. ich bin nach einer nervenaufreibenden Saison stolz, dass die Mannschaft trotz aller Rückschläge nie zu kämpfen aufgehört hat."

Carlos Ortega (Hannover): In der Defensive haben beide Mannschaften nicht ihre stärkste Leistung gezeigt. Ich bin aber mit der Saison sehr zufrieden und stolz auf meine Spieler."

Hinausstellungen: 8:2 Minuten (Becker zweimal, Schröter, Sommer - Christophersen)

Siebenmeter: 5/4:7/5 (Köpp scheitert an Ziemer - Mortensen scheitert an Lichtlein und am Pfosten)

Schiedsrichter: Fabian Baumgart/Sascha Wild

Zuschauer: 4.016
     
Abschlusstabelle Handball-Bundesliga Saison 2017/18



WERBUNG