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Ist die Waldbröler Innenstadt sicher?

nh; 22. Feb 2018, 11:45 Uhr
Bild: Kreispolizeibehörde Oberberg --- Polizeidrirektor Ralf Schmidt äußerte sich zum Thema Sicherheit in der Stadt Waldbröl.
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Ist die Waldbröler Innenstadt sicher?

nh; 22. Feb 2018, 11:45 Uhr
Waldbröl - In Waldbröl häuften sich in den vergangen eineinhalb Jahren die extremen Gewalttaten - Oberberg-Aktuell interviewte Polizeidirektor Ralf Schmidt zum Thema Sicherheit in der Waldbröler Innenstadt.
Das Interview führte Nils Hühn

Oberberg-Aktuell: Herr Schmidt, hätten Sie Angst, wenn Sie nachts alleine durch die Waldbröler Innenstadt gehen würden?
Polizeidirektor Ralf Schmidt: Nein, ich hätte keine Angst.

OA: Können Sie denn verstehen, dass viele Waldbröler aktuell große Furcht haben oder zumindest stark verunsichert sind?
Schmidt: Wir als Kreispolizeibehörde nehmen die Sorgen der Einwohner in Waldbröl sehr ernst. Wir wissen, dass öffentlichkeitswirksame Fälle zu einer großen Verunsicherung führen können. Festzustellen ist aber auch, dass die Menschen mit Kriminalität unterschiedlich umgehen. Nicht jeder empfindet die gleiche Angst, Opfer einer Straftat zu werden und oftmals ist diese Angst deutlich größer als die Gefahr tatsächlich Opfer einer Straftat zu werden.

OA: Aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2016 geht eindeutig hervor, dass Waldbröl ein Brennpunkt ist. In fast sämtlichen Kategorien gehört Waldbröl zu den Schlusslichtern in Oberberg. Was hat die Polizei unternommen, um den Trend aufzuhalten?
Schmidt: Zunächst einmal kann festgestellt werden, dass die Bürger im Oberbergischen Kreis seit Jahren in einer der sichersten Regionen Nordrhein-Westfalens wohnen. Innerhalb dieses sicheren Landkreises fällt für Waldbröl auf, dass die Kriminalitätshäufigkeitszahl, also das Verhältnis von Straftaten zur Einwohnerzahl, in vielen Deliktsbereichen über dem Durchschnitt des Oberbergischen Kreises liegt. Die Kreispolizeibehörde hat diesen Umstand bereits berücksichtigt. Waldbröl ist Standort einer von drei Polizeiwachen im Kreisgebiet, Mitarbeiter des Kriminalkommissariats sind ebenfalls dort untergebracht. Den deutlichen Anstieg der Delikte im Bereich Gewaltkriminalität von 2015 auf 2016 im kompletten Oberbergischen Kreis hat die Polizei besorgt zur Kenntnis genommen und nahm dies zum Anlass, diese Delikte noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Auch die vom Landrat initiierte Ordnungspartnerschaft hat ihren Ursprung in der Überlegung, wie wir diesem Negativtrend begegnen können.

OA: Neben dem kreisweiten Anstieg der Gewalttaten kommt in Waldbröl erschwerend hinzu, dass es hier extreme Ausreißer gibt. In den vergangenen 18 Monaten wurden zwei Männer totgeprügelt. Ein weiterer Mann wurde an Weiberfastnacht durch Messerstiche lebensgefährlich verletzt. Das kann doch kein Zufall sein, oder?
Schmidt: Der kreisweite Anstieg von Gewalttaten und insbesondere die von Ihnen angesprochenen Tötungsdelikte führen verständlicherweise zu einer großen Verunsicherung bei der Waldbröler Bevölkerung. Wenn Sie sich die Taten im Einzelnen anschauen, werden Sie feststellen, dass die Taten nicht im Zusammenhang stehen und die Tätergruppen unterschiedlich sind. Unvorhersehbar für die Polizei ist es hier zu plötzlichen Gewaltausbrüchen gekommen. Sie können sicher sein, dass wir jeden Fall intensiv betrachten und analysieren, um auch Präventionsansätze daraus abzuleiten.

OA: Diese drei Taten ereigneten sich nach 22 Uhr. Muss die Polizeipräsenz in dieser Zeit erhöht werden? Oder welche Maßnahmen könnten noch besser greifen?
Schmidt: Die Kreispolizeibehörde wertet ständig die Kriminalitäts-, Sicherheits- und Einsatzlage aus. Diese Entwicklung wird regelmäßig analysiert und die Personalstärken angepasst. Bei den ersten beiden schwerwiegenden Taten war die Wachstärke bereits planmäßig erhöht. Das galt auch für die Karnevalstage 2018. Weiberfastnacht wurde zusätzlich mit einem Sondereinsatz im Rahmen der kreisweiten Ordnungspartnerschaften belegt. Zusätzlich wurde die Personalstärke im Nachtdienst deutlich angehoben, so dass wir mit starken Kräften im Dienst waren. So war es auch möglich, die Tatverdächtigen noch in der Nacht festzunehmen. Leider konnten wir auch mit dem erhöhten Kräfteansatz die Tat nicht verhindern. An mangelnder Präsenz hat es nicht gelegen.

OA: Es gibt Gerüchte, dass die Waldbröler Wache nicht rund um die Uhr besetzt ist? Stimmt das?
Schmidt: Im Rahmen der Prüfung der jeweiligen Einsatzbelastungen wurde bereits im Jahr 2013 festgestellt, dass an den Tagen Sonntag bis Donnerstag im Nachtdienst eine Innendienst-Besetzung der Polizeiwachen Waldbröl und Wipperfürth entbehrlich ist, da ein Besucheraufkommen gen Null tendiert. Durch technische Maßnahmen ist die Erreichbarkeit der Polizei jederzeit gewährleistet. Die dadurch erzielten Synergien kommen ausschließlich dem Wachdienst der jeweiligen Polizeiwache und damit der polizeilichen Präsenz auf der Straße zugute.

OA: Heißt im Klartext, dass die Wache in fünf Nächten nicht besetzt ist. Vor Jahren soll der Streifendienst in den Nachtstunden reduziert worden sein. Aktuell soll ein Streifenwagen für den gesamten Kreissüden in der Nacht zuständig sein. Kann die Kriminalitätssteigerung auch damit zusammenhängen? Und ist das nicht auch eindeutig zu wenig?
Schmidt: Der Personalansatz richtet sich, wie bereits erwähnt, nach der Kriminalitäts-, Verkehrsunfall- und Einsatzentwicklung. Rund um die Uhr an jedem Tag in der Woche sind unsere Streifenwagen, auch in Waldbröl, unterwegs. Und das bedeutet nicht, dass für die Polizeiwache Waldbröl in der Nacht immer nur ein Streifenwagen zur Verfügung steht. Ich bitte um Verständnis dafür, dass ich zu den tatsächlichen Dienststärken der Kreispolizeibehörde aus einsatztaktischen Gründen keine Auskünfte gebe. Die Einsatzkräfte an den unterschiedlichen Wachstandorten unterstützen sich erforderlichenfalls gegenseitig. Zusätzlich werden kreisweit zivile Kräfte und Hundeführer vorgehalten, die in das Einsatzgeschehen zielgerichtet eingebunden werden. Dieses Verfahren hat sich bislang bewährt.

OA: Die Oberbergische Kreispolizeibehörde rühmt sich damit, eine hohe Aufklärungsquote zu haben. Allerdings gibt es bei dem in Waldbröl stattgefundenen Mord an einem 29-jährigen Marokkaner auch 15 Monate später keine neue Spur. Bei einer Stichprobe von vier Rohheitsdelikten, die sich in Waldbröl zwischen Mai und Oktober 2017 ereigneten, erklärte die Staatsanwaltschaft Bonn, dass zwei Verfahren aufgrund von Mangeln an Beweisen eingestellt wurden und zwei Verfahren noch laufen. Dabei handelte es sich um Taten, bei denen die Täter äußerst brutal vorgingen. Ist das nicht unbefriedigend?
Schmidt: Die Polizei in Nordrhein-Westfalen misst den Ermittlungen bei Tötungsdelikten eine hohe Bedeutung bei. Die Polizei Köln als zuständige Kriminalhauptstelle ermittelt in diesem Deliktsbereich mit einem hohen Einsatz von Personal und Sachmitteln. Die Aufklärungsquoten bei Tötungsdelikten sind landesweit sehr hoch. Werden solche Taten nicht aufgeklärt, ist das für alle Beteiligten, auch für die Polizei unbefriedigend. Wir bitten um Verständnis, dass wir zu laufenden Verfahren, die bei der Staatsanwaltschaft anhängig sind, keine weiteren Auskünfte geben können. Ich möchte aber nochmal darauf hinweisen, dass es unsere Kollegen der Polizeiwache Waldbröl waren, die bereits kurz nach der Tat an Weiberfastnacht die Tatverdächtigen festnehmen konnten.

OA: Vielen Dank für das Gespräch.
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