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Gegen das Vergessen und Mahnung für die Gegenwart

fk; 10. Nov 2017, 11:47 Uhr
Bilder: Friederike Klein --- Menschen jeglichen Alters kamen am Jüdischen Friedhof in Nümbrecht zum Gedenken an die Opfer der grausamen nationalsozialistischen Verbrechen zusammen.
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Gegen das Vergessen und Mahnung für die Gegenwart

fk; 10. Nov 2017, 11:47 Uhr
Nümbrecht – Im Gedenken an die Novemberpogrome vor 79 Jahren versammelten sich gestern zahlreiche Bürger auf dem Jüdischen Friedhof in Nümbrecht.
Von Friederike Klein

In Erinnerung an die Grausamkeiten der nationalsozialistischen Zeit und die Reichspogromnacht vor 79 Jahren, hatten die Freundeskreise Nümbrecht/Mateh Yehuda und Wiehl/Jokneam, die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (CJZ) und die Gemeinde Nümbrecht gestern zur 30. Gedenkfeier am Jüdischen Friedhof Nümbrecht eingeladen. Viele Bürger waren dieser Einladung gefolgt. „Wenn wir uns heute daran erinnern, dass die Pogromnacht der Auftakt zum Rassenwahn, zur Entwürdigung, zur Folterung und zum systematischen Morden und Töten von sechs Millionen Juden, Sinti und Roma, Homosexuellen, Behinderten und vermeintlich volksfeindlichen Menschen war, dann können wir nur gedenken, indem wir dabei auch die Verantwortung für die heutige Zeit, unsere Zeit, übernehmen“, sagte die stellvertretende Landrätin Ursula Mahler.


[Gemeinsames „Gedenken gegen das Vergessen“ forderten die Schüler des Hollenberg-Gymnasiums Waldbröl.]

Sie frage sich jedoch angesichts von Demonstrationen mit eindeutig antisemitischem Hintergrund, „ob und wieviel wir aus dem Vergangenen gelernt haben. Wir müssen das ernst nehmen. Wir dürfen nicht zulassen, dass einer zutiefst menschenfeindlichen Ideologie der Widerspruch fehlt!“ Dass „die Verbrechen nicht verdrängt und die Opfer nicht vergessen werden dürfen“ sind auch zwei ganz wichtige Erkenntnisse, zu denen die Schüler der Jahrgangsstufe 12 des Waldbröler Hollenberg-Gymnasiums kamen, als sie sich im vergangenen  Schuljahr im Geschichtskurs intensiv mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzten.



Um Vergessen und Verdrängen zu verhindern, gäbe es verschiedene Möglichkeiten, so die Schüler. Wie zum Beispiel ein Besuch am zentralen deutschen Holocaust-Mahnmal in Berlin, das ein wichtiges und notwendiges Signal im Kampf gegen das Vergessen sei. Oder die Stolpersteine, ein Kunstprojekt für Europa von Gunter Demnig, die in Nümbrecht schon liegen und in Waldbröl bald verankert werden sollen. Aber auch die alten vorhandenen Denkmäler, die es hier im Oberbergischen gäbe, sollten wieder ins Licht gerückt und gepflegt werden. „Ein weiterer Weg zu Gedenken ist das Gedenken in Schulen“, stellten sie zudem fest. Dazu gehörten Klassen- und Stufenfahrten zu den Konzentrations- und Vernichtungslager, wie es bereits in vielen Schulen geschehe. Im Geschichtsunterricht würde zwar das Thema Holocaust behandelt, das Gedenken werde jedoch nicht angeboten.


[„Schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind unverzeihlich und das Erinnern daran muss wachgehalten werden“ – Peter Muskolus von der CJZ.]

Die Schüler schlugen vor, an Gedenktagen wie dem 9. November oder dem 27. Januar gemeinsame Gedenkfeiern für Schüler und Lehrer zu organisieren. „Gedenken in den Schulen gegen das Vergessen, damit sich die Geschichte niemals wiederholt“, so formulierten die jungen Menschen ihre Gedanken. „Es ist uns ein großes Anliegen, die Erinnerungskultur kreativ mit allen Generationen zu gestalten“, sagte Peter Muskolus von der CJZ. „Wir erinnern uns daran, dass schreckliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit als unverzeihlich zu sehen sind, und dies unter uns wachzuhalten ist.“

Den Kranz zum Gedenken und zur Erinnerung legten Inge Kühn und Erika Palm nieder, bevor Marion Reinecke vom Freundeskreis Nümbrecht/Mateh Yehuda das Kaddisch las, „das im Judentum für die Verstorbenen gebetet wird“. Den Psalm 88 las Gerhard Hermann vom Freundeskreis Wiehl/Jokneam. Mit eindringlicher Klezmer-Musik begleiteten Prof. Igor Epstein und Vitali Eberling die Gedenkfeier. Im Anschluss fand in der Katholischen Kirche mit den Musikern ein Benefizkonzert zugunsten des Hospizes „French Hospital“ in Jerusalem statt.
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