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Zuckerbrot und Peitsche

bv; 19. Oct 2017, 18:00 Uhr
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Zuckerbrot und Peitsche

bv; 19. Oct 2017, 18:00 Uhr
Gummersbach – Stadt Gummersbach schafft im Etat 2018 die schwarze Null, muss aber Grund- und Gewerbesteuer erhöhen – Harte Kritik am Kreis wegen steigender Umlage – Fehlbedarf bei Flüchtlings- und Asylkosten bei über 2,1 Millionen Euro.
Von Bernd Vorländer

Es fehlten eigentlich nur noch die entsprechenden Gewänder für die Mitglieder des Gummersbacher Verwaltungsvorstands. So ein bisschen hatte die Präsentation des Haushaltes der Kreisstadt Gummersbach den Charakter eines  Besuchs des Weihnachtsmannes. Den einen gab der heilige Mann süße Versprechungen mit auf den Weg, den anderen drohte Knecht Ruprecht mit der Rute. Beste Nachricht des über 137 Millionen-Etats ist, dass man erstmals seit dem Jahr 2001 wieder eine schwarze Null schafft. 900.000 Euro würde man auf der Habenseite verbuchen, zumindest theoretisch, wenn alle Vorhersagen einträfen und kein kurzfristiger Finanzbedarf notwendig wäre. Doch die Erfahrung habe gezeigt, dass eine Haushaltsplanung nie mit dem tatsächlichen Ergebnis übereinstimme, dämpfte Gummersbachs Kämmerer Raoul Halding-Hoppenheit allzu große Erwartungen.

Fakt ist aber, dass sich die Stadt auf dem richtigen Weg befindet. Es gibt keine  Nettoneuverschuldung, der Schuldenabbau soll – wenn auch auf kleinem Niveau – weiterlaufen und die Stadt freut sich über sprudelnde Gewerbesteuern. Glänzende Augen bekommt die Verwaltung um Bürgermeister Frank Helmenstein, wenn sie die die geplanten fast 37 Millionen Euro betrachtet, die von den Unternehmen in der Kreisstadt bezahlt werden. „Das ist schon außerordentlich. Gummersbach wächst weiter“, freut sich Helmenstein. Trotz den Vorgaben des Stärkungspakts, der 2012 endet und der der Stadt in der Folge mehr finanziellen Bewegungsspielraum geben soll, wird auch in den kommenden Jahren kräftig investiert – etwa in Schulen und die Feuerwehr.


Für letztere sind etwa sechs Millionen Euro eingeplant, in Niederseßmar, im Gelpetal und in Piene/Lieberhausen sind neue Gerätehäuser  vorgesehen. Stolz ist die Stadt darauf, dass bei Kita-Plätzen und der Tagespflege der Bedarf zu 100 Prozent gedeckt ist. „Wir haben keine Warteliste“, sagt Halding-Hoppenheit.  In Windhagen und dem Ackermann-Gelände werden neue Wohngebiete erschlossen, der Bismarckplatz für 1,5 Millionen Euro ab Mitte 2018 umgestaltet und die Vogtei saniert und erweitert. Hinzu kommen weitere Millionen-Investitionen im Stadtteil Bernberg im Zusammenhang mit dem Projekt „Soziale Stadt.“

Doch es gibt auch Wermutstropfen: Der Sanierungsplan des Stärkungspakts sieht eine Verbesserung der Einnahmesituation vor – und dies gelingt nur durch die unbeliebten Steuererhöhungen. Die Grundsteuer B steigt deshalb im kommenden Jahr von 560 auf 610 Prozent, soll bei diesem Wert aber eingefroren bleiben. Die Gewerbesteuer wird von 470 auf 490 Prozent angehoben. Und es gibt zwei Entwicklungen, die den Rathaus-Verantwortlichen in der Kreisstadt den Kamm schwillen lässt. Da ist zum einen die Kreisumlage. Fast drei Millionen Euro muss die Stadt 2018 mehr als 2017 an den Kreis überweisen. Über acht Millionen, hat Kämmerer Halding-Hoppenheit ausgerechnet, erhalte der Kreis aufgrund der guten Wirtschaftslage zusätzlich von seinen Kommunen, „ohne einen Finger dafür krumm zu machen“. In Gummersbach ist man es jedenfalls leid, ständig zu appellieren.  „Das ist doch alles Wahnsinn, die Kreisumlage muss runter, das können wir nicht mehr stemmen“, sagt der Gummersbacher Kämmerer und empfiehlt dem Kreis, einmal wirklich ernsthaft über Personalabbau nachzudenken.

Auch bei der Erstattung von Flüchtlingskosten ist man in der Kreisstadt sauer. Grund dafür sind die „Spielregeln“ des Flüchtlingsaufnahmegesetzes. Bei anerkannten Flüchtlingen gibt es eine Erstattungsquote von 70 Prozent, bei geduldeten Mitbürgern schaut man finanziell jedoch komplett in die Röhre. Derzeit leben 147 geduldete Menschen in Gummersbach, für die die Stadt alleine aufkommen muss. „Es ist nicht einzusehen, dass der Flüchtlingsstatus zu Lasten der Kommunen geht“, sind Helmenstein und Halding-Hoppenheit sauer. Über 2,1 Millionen Euro ist der Fehlbedarf bei den Asyl- und Flüchtlingskosten im kommenden Jahr.
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