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Das Herz an Indiens Straßenkinder verloren

fj; 6. Oct 2017, 16:06 Uhr
Bilder: privat --- Das Leben in den Slums von Indien ist besonders für die Kinder hart und entbehrungsreich.
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Das Herz an Indiens Straßenkinder verloren

fj; 6. Oct 2017, 16:06 Uhr
Oberberg – Seitdem Gabriele Bergau vom Schicksal indischer Straßenkinder erfuhr, unterstützt sie die Mission Aanchal – Diese setzt sich dafür ein, dass obdachlose Kinder in Bhopal wieder ein Zuhause finden und Kind sein dürfen.
Leid gibt es auf der ganzen Welt. Doch nicht überall gibt es ein Sozialsystem wie in Deutschland. So erklärt Gabriele Bergau aus Reichshof, warum sie sich gerade für Straßenkinder in Indien engagiert, wenn sie danach gefragt wird. „Sie sind in ihrer Armut und in ihrem Elend ganz allein“, erklärt sie, warum das Schicksal der Straßenkinder von Bhopal (Hauptstadt des indischen Bundesstaates Madhya Pradesh) sie nicht mehr losließ, seitdem sie von ihm durch persönliche Gespräche mit Pater Thomas von der Kirchengemeinde Sankt Michael in Waldbröl erfuhr. Er gehört der Ordensgemeinschaft Carmelites of Mary Immaculate (CMI) an, die in Bhopal die Mission Aanchal gegründet hat. Seit einem Jahr arbeitet Bergau nun unermüdlich daran, die Mission bekannter zu machen, stellt sie in Kirchen in der Region oder in Radiointerviews vor.


[Pater Thomas (li.) und Pater Anil (3. v. li.) besuchen Kinder im Aderi Slum von Bhopal.]

Mittlerweile ist die Kirchengemeinde Sankt Michael offizieller Partner der Mission Aanchal und hat ein Spendenkonto eingerichtet, um ihre Arbeit vor Ort zu unterstützen. Diese wird maßgeblich vorangetrieben von Pater Anil von der Ordensgemeinschaft CMI, der nach dem Grundsatz arbeitet: „Jedes Kind ist ein Schmetterling. Und Schmetterlinge müssen fliegen.“ So erhalten Straßenkinder in Bhopal einen Fürsprecher und Unterstützer, der in vielfältiger Weise für sie da ist. „Die meisten Straßenkinder sind vor Gewalt, Missbrauch oder Hunger aus ihren Familien geflohen. Auf der Suche nach einem Schlafplatz besteigen sie nicht selten Züge – und landen dann in Bahnhöfen von Städten, die ihnen völlig unbekannt sind, wie dem in Bhopal. Diese Kinder spricht der Pater an, um ihnen in ihrer Situation zu helfen“, erklärt Bergau.



Zunächst wird sorgfältig geprüft, ob eine Rückkehr in die Familien möglich ist. Pater Anil tritt dabei nicht selten als „Anwalt“ der Kinder in Gesprächen mit den Familien auf. Ist eine Familienzusammenführung nicht möglich, bemüht sich Aanchal um einen Platz in einem Kinderheim. „Doch davon gibt es in der Region nur zwei. Vielen Kindern kann man nicht helfen, weil Heimplätze fehlen“, erklärt Bergau, warum Aanchal Spenden sammelt, um einen eigenen Campus zur Rehabilitation von Straßenkindern in der Nähe des Bahnhofs zu bauen.  Dabei ist Aanchal die Koordination mit anderen privaten sowie staatlichen Stellen, um Angebote ergänzend aufeinander abzustimmen und vor Ort langfristige Betreuungsmöglichkeiten aufzubauen. Zurzeit gibt es jedoch nur ein Grundstück mit einem kleinen Haus, in dem die Vorarbeiten eingeleitet werden.  


[Die Kinder sollen lesen und schreiben lernen, um später auf einer staatlichen Schule einen Abschluss machen zu können.]

Doch auch in die Slums von Bhopal gehen Pater Anil und die Mitarbeiter der Mission. Hier haben sie unter anderem einen Ort zum Lernen für die Kinder eingerichtet, an dem sie auch einen Platz zum Schlafen und eine Mahlzeit finden. Doch Aanchal geht es um mehr, als um ein Dach über dem Kopf und ein warmes Essen auf dem Teller. „Oft sind die Kinder traumatisiert. Die Mitarbeiter bemühen sich also auch darum, ihnen ihre Kindheit wiederzugeben“, so Bergau. So geht eine Mitarbeiterin in die Slums, um mit den Mädchen zu tanzen. Sie haben es oft besonders schwer, werden als minderwertig angesehen, sind Gewalt und – trotz offiziellen Verbots – Kinderhochzeiten ausgesetzt. Wenn es die finanziellen Mittel zulassen, werden auch Operationen und medizinische Behandlungen gefördert. Hier bewegt Bergau besonders das Schicksal von Deepika, einer heute 28 Jahre alten Frau. Sie litt seit ihrer Geburt an Kinderlähmung und konnte sich ihr Leben lang nur über den Boden kriechend fortbewegen. „Sie hat sich so geschämt, aber in solchen Fällen gibt es keine Hilfen in Indien. Durch die von uns geförderte Behandlung kann sie nun an Krücken gehen.“


[Unter einer Brücke hat die Mission Aachal für die Kinder der Slums einen Ort zum Lernen geschaffen.]

Wenn Bergau über die Straßenkinder von Bhopal spricht, spürt man ihre Verbundenheit zu ihnen. „Durch all die Berichte von Pater Anil fühle ich mich ihnen sehr nah, auch wenn ich sie noch nie gesehen habe“, erklärt sie. Dies soll sich alsbald ändern, denn einer Einladung nach Indien will Bergau so schnell wie möglich Folge leisten. Bis dahin will sie in ihrer oberbergischen Heimat alles dafür tun, dass die Straßenkinder von Indien nicht alleine gelassen werden.

Weitere Informationen zu Aachal gibt es unter www.aanchal.de.
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