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Ausgepresst wie eine Zitrone

fn; 26. Jan 2016, 13:34 Uhr
Bild: Uwe Binner --- Bürgermeister Wilfried Holberg, Stadtkämmerer Bernd Knabe und Eberhard Kanski (v.l.) waren heute die Protagonisten bei der Landes-pressekonferenz im Düsseldorfer Landtag.
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Ausgepresst wie eine Zitrone

fn; 26. Jan 2016, 13:34 Uhr
Bergneustadt – Bürgermeister Wilfried Holberg hat heute die Möglichkeit genutzt, die Situation der Stadt in einer Landespressekonferenz in Düsseldorf zu schildern - Einen Haushaltsausgleich hält er erst ab 2018 für möglich.
Von Fabian Nitschmann

Im schwarzen Anzug samt grün gestreifter Krawatte nahm Bergneustadts Bürgermeister Wilfried Holberg vor rund 20 Medienvertretern auf dem Podium der Landespressekonferenz Platz. Im Gepäck hatte er das eindeutig größte Thema seiner Amtszeit: Der nicht ausgeglichene Haushalt für das Jahr 2016. Und das Ziel, eine Debatte über die rasant steigenden Grundsteuer-B-Hebesätze in Nordrhein-Westfalen anzustoßen. „Der Etat ist ausgepresst wie eine Zitrone, da ist nichts mehr auszuquetschen“, sagte Holberg und machte damit die Situation der Stadt schnell deutlich: Ein Haushaltsdefizit von 1,67 Millionen Euro in 2016, dazu einen Anstieg der Grundsteuer B auf 959 Punkte, Spitzenwert in NRW.



Einen Hauptgrund für diese Schieflage sieht Holberg im Gemeindefinanzierungsgesetz, konkret in der sogenannten Einwohnerveredelung. Denn die Bevölkerung in großen Städten wird beim kommunalen Finanzausgleich mit einem höheren Faktor eingerechnet, als dies im ländlichen Raum der Fall ist. „Aber auch wir haben schwerwiegende Aufgaben, die eine Stadt nicht hat“, sagte Holberg.

„Die Peripherie ist der klare Verlierer“, befand auch Eberhard Kanski, stellvertretender Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler NRW. Der Steuerzahler-Bund unterstützt die Stadt Bergneustadt bereits seit längerer Zeit, Kanski war 2008 zudem ehrenamtlicher Sparberater der Stadt. Kanski bemühte sich in seinem Statement, die Situation Bergneustadts im Vergleich zu anderen Kommunen einzuordnen.

„Es ist steuersystematisch nicht einzusehen, dass der Mieter einer Drei-Zimmer-Wohnung in Bergneustadt mehr als das Doppelte an Wohnsteuer verkraften muss als ein Düsseldorfer Mieter“, so Kanski. Dort liegt die Grundsteuer B bei 450 Punkten, die Stadt Harsewinkel (Kreis Gütersloh) verlangt gar nur den NRW-Tiefstwert von 260 Punkten.

Gemeinsam mit Kanski forderte Bürgermeister Holberg daher, dass der Landtag Maßnahme zur finanziellen Unterstützung der Kommunen ergreife. „Der Ausgleich sollte auf das Jahr 2018 aufgeschoben werden“, sagte Holberg. Was genau passiert, falls dieser Aufschub nicht gewährt wird, konnte er nicht sagen. „Es ist aber nicht auszuschließen, dass dann der Sparkommissar vor der Tür steht“, so Holberg. Nachdem er dem Innenministerium den Fall Bergneustadts im November schriftlich geschildert hat, wurde ihm nun für den 16. Februar ein Gesprächstermin angeboten. 

Eberhard Kanski versuchte letztlich, die Brücke nach Altena und Niedecken zu schlagen. Die beiden Kommunen sind im Stärkungspakt insoweit gescheitert, dass ihnen bereits ein Sparkommissar zugeteilt wurde. „In beiden Städten ist aber bei den Ausgaben nicht viel passiert“, sagte Kanski. Stattdessen habe der Sparkommissar die Einnahmen verbessert. Und das mit einem bereits bekannten Mittel: Der Grundsteuer B.

Nach der Rückkehr im Rathaus zeigte sich Holberg sehr zufrieden mit dem Verlauf: „Die Landespressekonferenz hat uns eine prima Plattform geboten, unsere wirklich prekäre Situation deutlich zu machen“, so der Bürgermeister. „Ich war sehr erstaunt darüber, wie viele Kollegen der überregionalen Medien sich eingefunden haben und wie dezidiert das Interesse daran war, was Bergneustadt und die übrigen Stärkungspaktkommunen bewegt und wo es brennt.“     
  
Bereits am Freitag wird sich Holberg wieder auf den Weg in die Landeshauptstadt machen. Die Bürgerinitiative "Wir sind Bergneustadt“ hat  zu einer Demonstration vor dem Landtag aufgerufen. Rund 350 Bürger - an der Spitze der Bürgermeister und Vertreter aller Stadtratsfraktionen - werden nach Düsseldorf fahren.  


Zahlen und Fakten

Das Haushaltsvolumen des Bergneustädter Haushalts beträgt rund 50 Millionen Euro.

Die Einnahmen aus der Grundsteuer B betragen laut Kämmer Knabe rund 5,1 Millionen Euro bei 959 Punkten

Jeder weitere Punkt bei der Grundsteuer B wird mit durchschnittlich 5.600 Euro eingerechnet.

Die Ausgaben für die Kreisumlage betragen rund 17,2 Millionen Euro. Dieser Wert hat sich seit 2000 nahezu verdoppelt.

Das diesjährige Haushaltsdefizit beträgt 1,67 Millionen Euro.


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