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Gespenstische Verwandlungen oberbergischer Gehölzer

fj; 12. Jun 2013, 12:03 Uhr
Bilder: privat --- Die Raupen der Gespinstmotten haben auch diesen Strauch in Gummersbach-Becke fest im Griff.
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Gespenstische Verwandlungen oberbergischer Gehölzer

fj; 12. Jun 2013, 12:03 Uhr
Oberberg – Verantwortlich für die „verschleierten“ Bäume, die man zurzeit im Oberbergischen findet, sind die Raupen der Gespinstmotten – Nach Auskunft des Landesbetriebs Wald und Holz sollte man keine Maßnahmen gegen sie ergreifen.
Kahl gefressene Äste und Stämme um die sich ein weißgraues, dichtes Gespinst legt – so mancher Baum oder Strauch im Oberbergischen bietet zurzeit ein fast unheimliches Bild. Schuld daran sind Raupen von Kleinschmetterlingen der Familie der Gespinstmotten, sogenannte Yponomeutidae. Die Gespinstmotten vermehren sich zurzeit massenhaft, ihre Raupen haben Hunger und hinterlassen im gesamten Rheinland sowie im niederen Sauerland kahl gefressene Traubenkirschen, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Weiden und gelegentlich auch Obstbäume. Die Raupen fressen das Grün der befallenen Pflanzen ab und überziehen sie dabei mit dem Gespinst, unter dem sie dann, geschützt vor Fressfeinden wie Vögeln und Regen, leben. Sie fressen bis Mitte Juni, dann wandern sie am Stamm abwärts Richtung Fuß der Pflanze, wo sie sich verpuppen. Nach rund zwei Wochen schlüpfen die neuen Gespinstmotten und legen ihre Eier an der Rinde der Wirtspflanze ab.



Wie der Landesbetrieb Wald und Holz Nordrhein-Westfalen mitteilte, können solche Massenvermehrungen bei ungestörtem Verlauf bis zu zehn Jahre dauern. Gibt es im Winter tiefen Frost können sie plötzlich enden. Auch natürliche Fressfeinde wie die Schlupfwespe können den Raupen zu schaffen machen und der Vermehrung nach und nach Einhalt gebieten. Über 80 verschiedene Insekten gehören zu den Gegenspielern der Raupen. Doch auch wenn die Natur nicht für das Ende des Befalls sorgt, sollte der Mensch nicht nachhelfen. „Im privaten und im öffentlichen Grün sind keine Gegenmaßnahmen erforderlich, da die Gehölze durch den Johannistrieb, der zweite Blattaustrieb innerhalb eines Jahres, wieder ergrünen. Von den Raupen geht keine unmittelbare Gefahr für Mensch und Tier aus“, erklärte Dr. Mathias Niesar von Wald und Holz NRW.

Im Wald stellen die Raupen sogar eine wichtige Nahrungsgrundlage für räuberisch lebende Insekten dar. Durch den mit Raupen gut gedeckten Tisch kann die Populationsdichte dieser Insekten auf einem höheren Level gehalten werden – was wiederum gut ist, wenn sich tatsächlich waldvernichtende Insektenraupen breit machen. Diesen können die raupenfressenden Insekten dann effektiv entgegentreten. „Gegenmaßnahmen sind im Wald daher sehr kritisch und als schädlich anzusehen“, so Niesar, „Die Tiere sind wichtiger Bestandteil des ökosystemimmanenten Immunsystems.“


[Auch wenn die kahlgefressenen Bäume kein schönes Bild abgeben, sollten gegen den Raupenbefall keine Maßnahmen ergriffen werden.] 


Im Gegensatz zu den Eichenprozessionsspinnern, deren feine Brennhaare ein Eiweißgift enthalten und beim Menschen eine allergische Reaktion auslösen können, sind die Raupen der Gespinstmotten also ungefährlich und sogar nützlich. Eichenprozessionsspinner kommen, im Gegensatz zu den Gespinstmotten, nur an Eichen vor, außerdem bilden sie erst im Juli und August Gespinste.
  
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