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„Es ist nicht mehr Arbeit als früher“

fn; 26. Mar 2013, 00:32 Uhr
Bilder: Fabian Nitschmann (1-3), privat (4,5) --- Trotz langen Arbeitstagen in Düsseldorf hat Roland Adelmann in der Regel ein Lächeln auf dem Gesicht.
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„Es ist nicht mehr Arbeit als früher“

fn; 26. Mar 2013, 00:32 Uhr
Oberberg – Seit Mai 2012 sitzt Roland Adelmann im Landtag und ist dort einer von 99 SPD-Abgeordneten - OA begleitete den 42-Jährigen einen Tag in Düsseldorf und erhielt einen Einblick in den abwechslungsreichen Politikeralltag.
Von Fabian Nitschmann

Roland Adelmann hat in seinem neuen Job Humor und Freude nicht verloren. „Komm, lasst uns rausgehen und uns ein wenig Haue abholen“, scherzt der Landtagsabgeordnete, ehe er sich zu den aufgebrachten Polizisten nach draußen wagt. Vor dem Düsseldorfer Landtag haben sich die Gewerkschaften der Polizei seit mehreren Tagen aufgestellt, um ihren Unmut über die neue Beamtenbesoldung kundzutun. Während für die unteren Besoldungsstufen eine Tariferhöhung ins Haus steht, müssen die höheren Beamten eine Nullrunde einstecken. Auch Adelmann hat diese Regelung im Rahmen der Haushaltsdiskussionen in Düsseldorf beschlossen, um das Landesbudget zu entlasten.

[Auf den kritischen Blick folgt ein langes Gespräch: Uwe Dick (li.), 1. Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Oberberg, erläutert Adelmann das Anliegen der Beamten.]

Und so geht es mit einer Schachtel Pralinen bewaffnet in die Kälte zu den aufgebrachten Ordnungshütern. „Guten Freunden gibt man schließlich ein Küsschen“, sagt Adelmann und lockert die Stimmung auf, ehe er sich mehr als eine Stunde Zeit für die Argumente der Polizeigewerkschafter aus dem Oberbergischen nimmt und im Landtag fast eine Abstimmung verpasst. Mit viel Geduld wird so nahe dem Rheinufer eine sachliche Debatte geführt, an deren Ende natürlich keine Gesetzesänderungen stehen. Aber dass ein Landtagsabgeordneter der Koalition, die für die neue Regelung zuständig ist, das Gespräch sucht, hinterlässt einen vornehmlich positiven Eindruck.



Für Adelmann gehören solche Gespräche zum Berufsalltag. Vier bis fünf davon führt der Kinderarzt nach eigenen Angaben wöchentlich mit Vertretern aus dem Oberbergischen, viele weitere mit anderen Institutionen, Vereinen und Verbänden. „Die Themen sind zwar nicht immer so wichtig, wie heute die Beamtenbesoldung. Aber dennoch wird regelmäßig das persönliche Gespräch gesucht.“ Dabei agiert Adelmann vor allem geduldig und verständnisvoll für die Sorgen der Bürger, auch wenn er manchmal viel Kritik einstecken muss oder der Handlungsspielraum begrenzt ist. „Das ist berufsbedingt. Ich habe Roland selten wirklich wütend erlebt“, erklärt Anja Upel, Adelmanns Mitarbeiterin in Düsseldorf, mit Blick auf seinen Beruf als Kinderarzt.

Begonnen hat das Düsseldorfer Abenteuer für den 42 Jahre alten Wiehler am 13. Mai 2012. Recht überraschend konnte Adelmann im zweiten Versuch das Direktmandat im Wahlkreis Oberberg Süd gegen den CDU-Kandidaten Bodo Löttgen erkämpfen. Seitdem ist er Teil der SPD-Fraktion, die zusammen mit den Bündnisgrünen die Regierung und eine Parlamentsmehrheit von zehn Sitzen stellt. Gemeinsam mit Peter Biesenbach (CDU, Oberberg-Nord) vertritt Adelmann den Kreis im Landtag. Eine ernstzunehmende Zusammenarbeit zwischen den beiden besteht allerdings nicht.

[Kleine Auflockerung des Parlamentbetriebs: Die Frauen der SPD-Fraktion setzen mit roten Handtaschen am Equal Pay Day ein Zeichen für gleiche Bezahlung von Männern und Frauen.]  

Die große Schwierigkeit in der Arbeit des Mannes aus Wiehl liegt vor allem in der Balance zwischen Parlamentsarbeit und der Arbeit im Wahlbezirk. „Ich bin Mitglied im ‚Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales‘ sowie im Hauptausschuss. Beide gelten als zeitintensiv und finden häufig statt“, erklärt Adelmann sein hohes Pensum in Düsseldorf. „Wie viele Stunden ich letztlich als Landtagsabgeordneter in der Woche ableiste, lässt sich schwer beziffern. Jedes private Gespräch wird mit der Zeit auch zu einem politischen.

Das Ziel, abends noch in den Wahlkreis zu fahren, um dort an Veranstaltungen teilzunehmen oder die Familie zu sehen, kann er letztlich nicht immer umsetzen. „Wenn es abends länger wird, muss das Sofa im Büro herhalten. Auf den Fluren im Fraktionsbereich gibt es sogar Duschen“, sagt Adelmann, der trotz allem seine Unbeschwertheit auch im Landtag nicht verloren hat und sich auch mit seinem wahrlich nicht großen Büro angefreundet hat.


[Seine erste Rede vor dem Plenum des Landtags hielt Adelmann zum Thema Nichtraucherschutz.]

Vor der Diskussion mit der Polizeigewerkschaft hat Adelmann bereits zwei Stunden im Plenum gesessen und die dazugehörige Debatte verfolgt. Selbst zu Wort gekommen ist er an diesem Donnerstag allerdings nicht. Bisher hat der Sozialdemokrat seit Mai zwei Mal am Rednerpult die Inhalte seiner Partei verteidigt. „Meine Erstlingsrede habe ich zum Thema Nichtraucherschutz gehalten. Das war schon sehr erstaunlich, dass die Partei einen Neuling bei diesem recht wichtigen Thema ans Rednerpult gelassen hat“, berichtet Adelmann stolz. Als Mediziner liegt ihm der Nichtraucherschutz sehr am Herzen und so zeigt sich Adelmann auch dieser Tage noch zufrieden, dass die straffe Regelung, die am 1. Mai 2013 in Kraft tritt, beschlossen wurde.

Nach dem Mittagessen mit Fraktionskollege Dirk Schlömer (Rhein-Sieg-Kreis) in der Kantine des Landtags zieht sich Adelmann zurück, um E-Mails zu beantworten, ehe es wieder ins Plenum geht, um dort an den Debatten teilzunehmen, statt nur zur Abstimmung aufzukreuzen. „Vor allem bei Themen, die aus dem eigenen Ausschuss stammen, sollte man anwesend sein, um die passenden Zwischenrufe machen zu können“, erklärt der Kinderarzt. Wer nicht im Plenum sitzt, wird per SMS und Durchsage aufgefordert, schnellstmöglich ins Plenum zur Abstimmung zu kommen.


[Auch der Empfang von oberbergischen Besuchern gehört zur Arbeit des Landtagsabgeordneten. Ein Foto mit Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (Mitte) gehört allerdings nicht zum Standardangebot für Besuchergruppen.]

Dass der durchaus stressige und zeitintensive Vollzeitjob des Berufspolitikers auf Landesebene Adelmann schlaucht oder gar entmutigt, ist nicht zu erkennen. „Es ist nicht mehr Arbeit als früher in der Uniklinik“, sagt der junge Landtagsabgeordnete, der ein Interesse an einer Wiederwahl weder bestätigt noch dementiert. „Ich habe den großen Vorteil, dass ich weiterhin an der Uniklinik Köln angestellt bin. Ich kann mir beruflich gesehen also auch mal erlauben, mich gegen die Fraktion zu stellen“, erläutert Adelmann, der sich im Landtag wohlzufühlen scheint. Mit seiner Geduld und Gelassenheit und nicht zuletzt wegen des Alters stünde einer längerfristigen Zukunft als Berufspolitiker eigentlich nichts im Wege. 
  
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