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Frauen in trauter Dreisamkeit

vma; 30. Sep 2001, 19:47 Uhr
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Frauen in trauter Dreisamkeit

vma; 30. Sep 2001, 19:47 Uhr
(vma/30.9.2001-19:35) Von Vera Marzinski
Wiehl – Zur Premiere des "Witwenclub", der drei mehr oder weniger trauernden Witwen mit den unterschiedlichen Überlebensstrategien, begeisterten die Darsteller des Schauspiel-Studio Oberberg das Publikum am Freitagabend in der Aula der Grundschule Wiehl.

[Bilder: Oliver Mengedoht.]



Anrührend und unterhaltsam, witzig, grotesk und zuweilen nachdenklich stimmend ist der "Witwenclub": drei Frauen, die alleine zurück geblieben sind. Dennoch – das eigene Leben muss schließlich weiter gehen, auch Witwen haben noch so ihre Bedürfnisse, selbst wenn diese nicht immer offen eingestanden werden. Und da in dieser Altersgruppe Männer Mangelware sind, herrscht durchaus gesunde Konkurrenz im "Witwenclub".



Jede meistert ihr Leben auf ihre Art, aber einmal im Monat treffen sie sich zum Tee und anschließenden Besuch der Grabstätten auf dem Friedhof. Die drei Freundinnen Ida (Dagmar Ellert), Doris (Gabi Bülter) und Lucille (Angela Harrock) reagieren nicht nur unterschiedlich auf ihre Lebensphase ohne Ehemann, sondern auch bei Erscheinen des Witwers Sam (Hans-Gerd Pruß).

Wie ein Vamp wirkt Lucille, die sich gerne in Nerz hüllt, auch wenn Freundin Ida fragt, ob dies nötig sei. Darauf kontert sie nur: "Niemand kauft sich einen Nerz, weil er ihn braucht – Stützstrümpfe kauft man sich, weil man sie braucht!". Gerne erzählt sie von den vielen Männern, die ihr nachgehen oder mit denen sie sich angeblich zu Rendezvous verabredet – doch letztendlich entpuppt sie sich als zutiefst vereinsamte Frau, die in ihrem "second-hand" -Nerz zurückbleibt und verwelkte Blätter von den Gräbern zupft.



Angela Harrock brilliert in dieser Rolle, die sie nicht nur durch die Art der Lucille in den Mittelpunkt des Stückes katapultiert. Immer einen Spruch parat, selbst am Grab ihres Mannes Harry: "Reizend, ich darf wieder die ganze Unterhaltung alleine bestreiten – wie in unserer Ehe....wenigstens weiß ich jetzt, wo du dich nachts aufhältst". Genial die Mimik in der Szene an Abes Grab, als Doris um eine Gedenkminute für ihren vor vier Jahren verstorbenen Mann bittet.

Sam ist gerade neu zu der trauten Dreisamkeit gestoßen und Lucille flirtet ihn heftigst an.



Eher bieder ist dagegen Ida, die sich insgeheim nach einem neuen Partner sehnt, den sie umsorgen kann, aber dabei von Gewissensbissen geplagt wird. Die patente und lebenskluge Frau, hervorragend durch Dagmar Ellert in Szene gesetzt, wagt ein neues von Mildred (Regina Schulte) kurzzeitig getrübtes- Glück an der Seite von Sam. Zur Hochzeit der gemeinsamen Freundin Selma, die zum x-ten Male heiratet, will sie ausnahmsweise nicht schön, sondern aufsehenserregend aussehen – frisch verliebt wie sie in Sam ist. Doch die beiden Freundinnen Lucille und Doris sind Auslöser für das Zwischenintermezzo von Sam mit Mildred, da sie es nicht zulassen und akzeptieren wollen, das Ida das monatliche Friedhofs-Meeting beendet, selbst wenn es auch Lucille langsam lästig scheint, ihren Harry zu "besuchen".

In unerschütterlicher Liebe und Treue zu ihrem verstorbenen Abe lebt die Dritte im Bunde, Doris. Gabi Bülter spielt die resolute Friedhofspilgerin ausgezeichnet. Als Moralapostel scheint sie sich aufzuspielen, denn viel mehr Perspektiven als die Warteschleife zur ewigen Ruh scheint es nicht zu geben. Lucille will mehr, aber Doris ist der Meinung das sie genug habe – hauptsächlich im Bezug auf ein männliches Wesen in ihrem Leben. Denn: "Wenn das gut genug war für den Rest des Lebens muss ich mich auf der Suche nach mehr nicht zum Narren machen".



Sam ist der eher zurückhaltende ältere Herr - selbst Witwer -, der die Aufmerksamkeit der Damen erregt. Sehr verhalten spielt Hans-Gerd Pruß diese Rolle und setzt so den Sam perfekt in Szene. Besonders beeindruckend die Szene, als er Ida trösten will und augenscheinlich mit sich selbst kämpft, bis er schließlich doch seine Hände auf ihre Schultern legt.



Die drei vom "Witwenclub" beschimpfen sich, diskutieren, heulen, lachen und schwelgen in Erinnerungen. So auch nach der Hochzeitsfeier, als sie wieder in Idas Wohnung eintreffen. Hier schlemmen, lachen, trinken sie, tanzen Cha-Cha-Cha und singen fast wie die "Andrew Sisters" und erinnern auch irgendwie an die "Golden Girls".



Das Ida-Sam-Happy-End versäumt jedoch Doris – sie stirbt, nach dem sie am heiteren Abend zuvor die Diskussion um "mehr und genug" mit Lucille führte. Die stellt zum guten Schluss fest: "Kein Mensch sollte den Rest seines Lebens damit verbringen, ein Grab zu pflegen" und verabschiedet sich von Doris an deren Grab mit einem "Wir sehen uns – irgendwann".



Mit viel psychologischem Einfühlungsvermögen ist dem Autor ein Stück gelungen, das ein schwieriges Thema zu einer unterhaltsamen Komödie aufbereitet. Auf humorvolle Weise setzt sich der Amerikaner Ivan Menchell mit ernsten Themen wie Tod und Liebe im Alter auseinander, die alle Menschen betreffen und die doch gern verdrängt werden. Eine sehr menschliche Komödie, die durch Lebenslust und große Sensibilität wirkt. Unter der Regie von Raimund Binder erarbeitete sich die Gruppe des Schau-Spiel-Studios Oberberg eine glanzvolle eigene Inszenierung die an folgenden Terminen noch mal zu sehen ist:

- Mittwoch, 3. Oktober: 20 Uhr

- Freitag, 5. Oktober: 20 Uhr

- Freitag, 26. Oktober: 20 Uhr

- Samstag, 27. Oktober: 20 Uhr

- Mittwoch, 31. Oktober: 20 Uhr

Alle Aufführungen finden in der Aula der Grundschule Wiehl, Warthstraße 1, statt.



Kartenvorverkauf:

Wiehl-Ticket, Rathaus, Bahnhofstraße 1 in 51674 Wiehl, Tel.: (0 22 62)9 92 85 Fax: (0 22 62) 9 91 85.

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