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Gisbert Möller brilliert als alternder, sarkastischer Lüstling

nh; 12. Jan 2013, 14:00 Uhr
Bilder: Christian Melzer --- Ein geniales Duo: Gisbert Möller als Cooper (links) und Hans-Gerd Pruß als sein Freund Aylott.
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Gisbert Möller brilliert als alternder, sarkastischer Lüstling

nh; 12. Jan 2013, 14:00 Uhr
Wiehl - Die Komödie „Schon wieder Sonntag“ begeisterte gestern Abend das Premierenpublikum im ausverkauften Wiehler Theater - Das Stück besticht durch klugen Wortwitz und Schauspieler in Bestform.
Von Nils Hühn

Die besten Plätze in der Wiehler Grundschulaula waren schon früh besetzt, da die erste Premiere des Schau-Spiel-Studios Oberberg im jungen Jahr anstatt. Zudem ist es das vorerst letzte Stück mit Gisbert Möller, der mit Cooper die Hauptfigur gibt. Die Boulevardkomödie „Schon wieder Sonntag“ stammt aus der Feder von Bob Larbey, der dafür im Jahr 1986 den Kritikerpreis für die beste Komödie des Jahres erhielt. Zurecht, denn auch 27 Jahre später hat das Werk nicht an Aktualität und Witz verloren.


Cooper und sein Freund Aylott (Hans-Gerd Pruß) leben seit Jahren in einer Seniorenresidenz und haben sich damit abgefunden, Alt zu werden. Doch Cooper begegnet der körperlichen Hinfälligkeit mit sarkastischem Witz. So schafft es das Stück, dass der Zuschauer regelmäßig lachen muss, und sei es bei eigentlich traurigen Themen wie Inkontinenz oder beginnender Demenz. Mit einer herrlichen Leichtigkeit wird das sozialschwierige Thema des würdevollen Alterns auf die Schippe genommen.


[Die Schauspielleistung von Gisbert Möller begeistert.]

Cooper vertreibt sich die Zeit, in dem er mit der jungen Krankenschwester Wilson (Katrin Platzner) flirtet. Dabei treibt er es ein bisschen weit und wird von ihr als „alternder Lüstling“ tituliert. Es ist ein wunderschönes Zusammenspiel, bei dem sich eine sensible Freundschaft aufbaut. Es ist rührend mit anzusehen, wie die beiden miteinander umgehen. Putzfrau Mrs. Baker (Angela Harrock) wird von Cooper mit derben Sprüchen terrorisiert, aber auch sie lässt sich von dem alten Gauß nicht ärgern, und während Cooper seine Blase entleert, was in dem Stück des Öfteren vorkommt und auch für zahlreiche Lacher sorgt, singt sie „My Bonnie lies over the Ocean“ – einfach zum Mitsingen.

Jeden ersten Sonntag im Monat statten Coopers Tochter Julia (Karina Blasberg) und ihr Ehemann Peter (Sebastian Hein) dem gebrochenen Witwer und ehemaligen Soldaten einen Höflichkeitsbesuch ab. Der Pflichttermin ist für beide Parteien sichtbar unangenehm und während Julia ihre Betroffenheit äußerst, lässt Cooper durchblicken, dass er diese Treffen nicht leiden kann. So eskaliert die Situation jedes Mal aufs Neue.

[Besuche seiner Tochter Julia und ihres Ehemannes Peter kann Cooper nicht ausstehen.]

Was nach einem Sozialdrama klingt, ist in Wirklichkeit eine heitere Komödie, bei der ein ernsthaftes Thema durch guten Wortwitz und starke Schauspieler aufgelockert wird. In Zeiten unserer überalternden Gesellschaft wirkt das Stück wie ein kleiner Blick in die Zukunft, womit sich jeder in den dargebotenen Szenen widererkennen kann. Die Komödie wird besonders von der starken schauspielerischen Leistung getragen. Vor allem Gisbert Möller brilliert. Der Zuhörer ist gefesselt und klebt an seinen Lippen, wenn er in seinen sarkastischen Monologen mit der ihm eigenen tiefen Stimme, das triste, eintönige Leben im Altersheim beschreibt und das Personal mit Panzerkarniesionen vergleicht. Man kauft Möller den gebrechlichen, verbitterten, alten Mann ab und kann es kaum glauben, dass er bei Verabschiedung plötzlich elfengleich über das Holzlaminat schwebt.

Auch Hans-Gerd Pruß spielt den körperlichen fitten, aber geistig abbauenden Aylott exzellent. Jederzeit nimmt man Pruß den dementen Heimbewohner ab, besonders wenn er mit offenem Mund durch das Zimmer schlurft und langsam in die Welt der „Zombies“ verschwindet. Auch Katrin Platzner mimt die liebe- und humorvolle Krankenschwester wunderbar und einzig den sommerlichen Auftritt in Strümpfen vermisst der Zuschauer nach der Vorstellung. Angela Harrock, die kurzfristig für Silke Thierbach eingesprungen ist, ist wieder einmal eine Bank im Wiehler Theater und überzeugt diesmal auch als Sängerin. Karina Blasberg spielt die adrette Tochter und mit ihrer überzogenen Schauspielerei schafft sie es, eine große Distanz zwischen sich und dem Publikum aufzubauen, sodass der Zuschauer keinerlei Zuneigung für sie gewinnt. Partner Sebastian Hein ist das passende Beiwerk, womit Regisseur Raimund Binder wieder eine hervorragende Gruppe zusammengestellt hat. Für die Technik zeigt sich Andreas Lenz verantwortlich.
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Nach gut zwei Stunden Theater belohnten die Premierengäste die Darsteller mit minutenlangem Applaus. Besonders bei Gisbert Möller brandete der Applaus auf. Möller erinnerte in seiner Art zu spielen ein wenig an Komiker-Legende Freddie Frinton aus „Dinner for one.“ Wenn Möller zu seinem „flotten Spaziergang“ ansetzt, wartet man nur darauf, dass er stolpert, wie Frinton über den Kopf des Tigerfells. Bleibt nur zu hoffen, dass man Möller auch in Zukunft wieder im Wiehler Theater erleben darf. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, schaut sich eine der kommenden 14 Aufführungen von „Schon wieder Sonntag“ an. Die nächste Möglichkeit dazu besteht bereits heute Abend um 20 Uhr. Der letzte Vorhang für das Stück fällt am 3. Februar um 18 Uhr.
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