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Hochwasser: Einsatzkräfte waren im Dauereinsatz

ch; 14. Nov 2010, 15:30 Uhr
Bilder: Michael Kleinjung, Martin Hütt (1) --- Die Agger in Gummersbach droht vielerorts über die Ufer zu treten, wie hier in Rebbelroth.
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Hochwasser: Einsatzkräfte waren im Dauereinsatz

ch; 14. Nov 2010, 15:30 Uhr
Oberberg - Feuerwehr zählte 170 Einsätze. Ründerother Sporthalle konnte rechtzeitig gesichert werden. Lindlarer Dorf drohte überflutet zu werden. Pegel der Agger war fünfmal höher als normal. (AKTUALISIERT)
Von Christian Herse

Ein intensives Regenband zog gestern über den Kreis weg. Nachdem Carmen in den letzten Stunden die Bäume durchgeschüttelt hat, drohte nun neues Unheil häufig von unten. Der Boden war  bereits völlig aufgeweicht und konnte kein neues Wasser mehr aufnehmen. Von Donnerstag bis Freitagabend sind rund 40 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Und die gleiche Wassermenge kam auch gestern noch einmal herunter. Vor allem zwischen 10 und 15 Uhr standen die Telefone auf der Leitstelle nicht mehr still.

[Vor allem Keller mussten kreisweit ausgepumpt werden.]

Für viele Feuerwehrleute war das Wochenende damit bereits morgens zu Ende. „Insgesamt haben wir 170 Einsätze aufgrund des Regens gezählt“, erklärte ein Disponent auf Anfrage. Der Schwerpunkt der Notrufe konzentrierte sich dabei auf die Kreismitte von Lindlar über Ründeroth, Marienheide bis nach Gummersbach und Bergneustadt. Am meisten beschäftigten die Einsatzkräfte vollgelaufene Keller und Erdrutsche. Vielerorts waren die Abflüsse der Kanalisationen verstopft und konnten das Wasser nicht mehr aufnehmen.  In Lantenbach war zum Beispiel ein Abflussrohr versperrt, sodass sich das Wasser vom Unnenberg kommend über die Straße ergoss. Ähnliches Schicksal ereilte die Unterführung in Engelskirchen-Oesinghausen, die von der Polizei genauso gesperrt wurde, wie der Ortseingang in Marienheide-Wernscheid.

Auch hier war die Straße völlig überflutet. Noch rechtzeitig vor Ort war der Löschzug Ründeroth am Schulzentrum Walbach. Eine ausgehobene Baustellengrube war dort vollgelaufen. Das gesammelte Wasser drohte die angrenzende Sporthalle zu überfluten, was bis auf einen kleinen Teil im Eingangsbereich verhindert werden konnte. Im Engelskirchener Gebiet zählte die Feuerwehr circa zwanzig Einsätze.

[In Brochhagen drohte die Sülz mehrere Häuser zu überschwemmen. Die Feuerwehr konnte nur mit Sandsäcken und Metallplatten das Schlimmste verhindern, wie Doris Fordan dokumentiert hat.]

In Lindlar sind es 30 Alarme, die eingegangen sind. Einsatzschwerpunkte waren der Ortskern, Heibach und Scheel. Beim Rewe-Markt drohte das Wasser der Lennefe aufgrund eines Rückstaus in das Zentrum zu schwappen. Der sonst nur ein Meter breite Bach war innerhalb kürzester Zeit auf das Zehnfache angeschwollen, weswegen die Feuerwehr die Bewohner der Hauptstraße aufforderte, ihre Autos aus den Tiefgaragen zu fahren. Die Sülz trat gegen Mittag aus ihrem Flussbett, was vor allem in Brochhagen für massive Probleme sorgte. Dort macht der Fluss einen Schlenker um den Ort und drohte, mehrere Einfamilienhäuser sowie einen Metallbetrieb und einen Getränkemarkt zu überschwemmen. Allein hier war der Löschzug Frielingsdorf/Scheel mehrere Stunden lang damit beschäftigt, mit Sandsäcken und Metallplatten Barrieren zu bauen, um das Schlimmste zu verhindern.



[In Marienheide musste eine Straße gesperrt werden, nachdem das Wasser dermaßen angesteigen war, dass es kein Durchkommen mehr für die Autos gab.]    


„Bei drei Häusern sind die Keller vollgelaufen und das Wasser stand bis zur Haustür. Den Rest konnten wir sichern“, resümiert Feuerwehrsprecher Hans Peter Scheurer die kritische Lage. „ Ein Dank an die Karnevalisten auf dem Marktplatz, die uns kurzerhand verpflegten." Wie verrückt das Wetter war, beweist auch die Tatsache, dass selbst das Gebäude des Segelflugplatzes, an einer der höchsten Stellen Lindlars gelegen, unter Wasser stand. Insgesamt kamen 500 Sandsäcke zum Einsatz, 2.500 weitere wurden in der Nacht noch befüllt, nachdem zunächst weiterer Starkregen angekündigt worden war. Erst um 21 Uhr konnten die 96 Helfer in Lindlar von Feuerwehr und DRK die Bereitschaft auflösen.

Ähnlich kritisch war die Situation entlang des Aggerlaufs. Ein Supermarkt in Gummersbach-Rebbelroth musste bereits am Mittag gesichert werden. „Das Hauptaugenmerk lag ab dem Nachmittag auf der Agger“, hieß es auch aus der Gummersbacher Feuerwache.


[Bild: Aggerverband --- Binnen weniger Stunden ist die Agger zu einem reißenden Strom geworden.]

Vor allem in Dieringhausen und Vollmerhausen war der Fluss zu einem reißenden Strom angeschwollen und hatte entlang der B55 zahlreiche Keller unter Wasser gesetzt. Die Feuerwehren im Stadtgebiet arbeiten bis in die Nacht 35 Einsätze ab, unter anderem eine vollgelaufene Produktionshalle im Gewerbegebiet Sonnenberg. Aufzeichnungen des Aggerverbands zeigen, dass der Fluss binnen zweieinhalb Stunden massiv angeschwollen ist. Der Scheitelpunkt lag in Ründeroth um 17:30 Uhr bei 2,52 Meter und damit mehr als fünfmal höher, als normal. 


[Verstopfte Abwasserkanäle und Gullideckel sorgten dafür, dass so manche Straße unter Wasser stand.]

Die Bergneustädter Kameraden mussten ein Haus mit Sandsäcken absichern, da der Othebach gefährlich nah herangekommen war.  Größtenteils verschont blieben die übrigen Kommunen im Kreisnorden- und süden. Hier hat die Leistelle maximal ein bis zwei Einsätze wie in Hückeswagen oder Wipperfürth zu vermelden. Die Zahl der Notrufe beziffert die Kreisleitstelle auf 160, jedoch zurzeit stark abnehmend. Die Unwetterwarnung des Deutschen Wetterdienstes vor ergiebigem Dauerregen wurde am frühen Morgen zurückgenommen.

Die Redaktion von Oberberg-Aktuell bedankt sich für die zahlreich eingesendeten Fotos vom Hochwasser.


[Unfreiwillig tiefergelegt wurde dieser Opel in Wipperfürth in der Höhe der Alten Drahtzieherei. "Wahrscheinlich hat der Fahrer die Tiefe des Baggerlochs unterschützt", glaubt Dennis Becker.]


[In Niedernhagen kam das Wasser gefährlich nah an die Wohnhäuser ran, wie diese Bilder von Jasmin Wienold belegen. Und auch die Straßen waren mehr kleine Flüsse]


[Eine Menge Treibgut wurde durch das Hochwasser. In Lohmar im Rhein-Sieg Kreis musst sogar eine Brücke freigesprengt werden. Soweit ist es in Vollmerhausen nicht gekommen. Das BIld machte Anette Plank.]


[Angesichts dieses Bildes der Agger in Ründeroth von Mandy Przyluski kann man froh sein, dass niemand in die Strömungen gerissen wurde.]


[René Schmidt zeigt, dass die Agger in Engelskirchen-Steeg wieder abnimmt.]



[Der Schwerpunkt der Feuerwehreinsätze in Lindlar lag in Brochhagen.]


[Die Agger in Vollmerhausen ist gefährlich nah an die Straße herangekommen.]


[Die Lindlarer Sülz ist zu einer großen Seenlandschaft geworden.]


[Es fehlt nicht mehr viel, bis die Agger in Vollmerhausen über die Ufer tritt, und die angrenzende B55 sowie die Wohnhäuser überschwemmt. Marcel Mertens machte diese Bilder.]


[Ähnliche Situation in Engelskirchen-Loope, wo die Agger schon erste Straßen direkt am Wasser in Besitz genommen hat. Denise Meister hat die Bilder geschossen.]


[Vorher und nachher: Almuth Mau hat den "Beckebach" um 11:45 Uhr und eine Stunde später aufgenommen. Der Bach ist deutlich angewachsen. "Ich wohne seit 50 Jahren hier und erst dreimal ist der Beckebach zu einem Fluss geworden. Aber so schlimm war es auch beim Jahrhunderhochwasser 2002 nicht", so Mau.]


[Fast schon zu einer kleinen Talsperre ist der "Alpebach" angewachsen, wie Patrick Wentzcke aus Wiehl-Dahl dokumentierte.]


[Bild: Feuerwehr Bergisch Gladbach --- Im Nachbarkreis stürzte das Dach der Fahrzeughalle der Johanniter Unfallhilfe möglicherweise wegen den Wasserlasten ein.]




  
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