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Noch ist Aufklärungsarbeit nötig

lo; 31. Oct 2010, 11:56 Uhr
Oberberg Aktuell
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Noch ist Aufklärungsarbeit nötig

lo; 31. Oct 2010, 11:56 Uhr
Oberberg - Der Jugendausschuss des Fußballkreises Berg hat im Sommer bei den F-Junioren eine Fairplay-Liga eingeführt und zog anlässlich eines Meisterschaftspiels eine Zwischenbilanz.
Tor für Marienheide. Ein Zaungast will seine Freude darüber kundtun und jubelt los. Kurze Zeit später ermahnt er sich selbst: „Oh, nicht so laut. Ist ja Fairplay.“ Diese kleine Episode zeigt gut, dass es bei der im Sommer eingeführten Fairplay-Liga der F-Junioren noch einige Aufklärungsarbeit gibt. Aus diesem Grund hatte der Jugendausschuss des Fußballkreises Berg um dessen Vorsitzenden Jürgen Liehn zu der Partie SSV Marienheide gegen VfR Wipperfürth eingeladen, um sich ein Bild davon zu machen, wie die Fairplay-Regeln umgesetzt werden und der Wettbewerb bei den Vereinsvertretern, Zuschauern und den Aktiven ankommt.

Vor drei Jahren wurde vom Fußballkreis Aachen die erste Fairplay-Liga im gesamten Verbandsgebiet eingeführt. Die wichtigsten Regeln: Es gibt keinen Schiedsrichter, die Trainer sollen sich ausschließlich in einer Coaching-Zone am Spielfeldrand bewegen und die Besucher einen gewissen Abstand zum Platz halten (Weitere Informationen hier). Auf freiwilliger Basis haben die Vereine im Sommer mehr als 40 Mannschaften angemeldet, die in acht Staffeln gegeneinander spielen. Als zusätzlichen Anreiz gibt es einen eigenständigen Pokalwettbewerb.

Nachdem die ersten Spieltage absolviert sind, spricht Liehn von einem „gelungenen Start“. Direkt beschwert habe sich bislang lediglich ein Vereinsvertreter. „Es gibt immer Sachen, die verbessert werden müssen. Dass die erste Saison perfekt läuft, ist utopisch“, so der Jugendausschussvorsitzende, der zu Beginn des Spiels direkt eingreifen musste und den Marienheider Trainer Frank Simon, der sich neben dem Tor postiert hatte, bat, die Coachingzone an der Seitenlinie aufzusuchen.

„Von allen Beteiligten haben die Trainer die längste Anlaufzeit benötigt“, berichtet Liehn von Erfahrungen, die in Aachen nach der Einführung der Fairplay-Liga gemacht wurden. „Sie haben die Befürchtung, dass sie ihren Einfluss verlieren, weil sie keine Anweisungen geben dürfen. Aber genau das ist ja weiterhin erlaubt“, betont er und findet Bestätigung bei SSV-Jugendgeschäftsführer Tim Wessels. „Die Trainer fänden es gut, wenn jemand eingreifen könnte, zum Beispiel bei grob falschen Einwürfen.“

Davon gab es so manche, wobei sie in den jüngsten Altersklassen ohnehin nicht reglementiert werden. Wenn ein Spieler verletzt liegen bleibt, dürfen die Trainer, die ansonsten nur an- und abpfeifen, die Partie unterbrechen. Bei den seltenen Fouls tendierten die kleinen Kicker indes dazu, einfach weiterzuspielen. Simon gibt offen zu, dass er nicht unbedingt ein Verfechter der Fairplay-Liga ist. „Meiner Meinung nach brauchen die Jungs jemanden, der sie etwas führt. Er muss kein dominanter Schiedsrichter sein, sondern lediglich den Startpfiff geben, damit sie wissen: ‚Jetzt können wir’.“  



In einem zurückliegenden Spiel sei eine Zuschauerin aufs Feld gelaufen, um ihr ausgebüxtes Kind einzufangen. „Das ist zwar eine spezielle Situation, aber in diesem Moment wussten die Spieler nicht, was sie machen sollen“, erklärt Simon. Sein Kollege Guido Hennig steht dem Wettbewerb offener gegenüber. „Grundsätzlich bin ich der Meinung, die Kinder frei spielen zu lassen und diese Bolzplatz-Mentalität zu fördern. Man muss aber gemeinsam daran arbeiten, dass bei den Trainern eine größere Akzeptanz vorhanden ist.“  

Der Jugendausschuss ist für Anregungen dankbar und will sich nach Abschluss der Herbstrunde mit den beteiligten Trainern zusammensetzen, um Erfahrungen auszutauschen und über etwaige Änderungen zu diskutieren. „Es ist kein Konzept, dass in seiner jetzigen Form streng umgesetzt werden muss“, ergänzt Kreis-Jugendgeschäftsführer Uwe Herbrig, nach dessen Meinung ein Spielleiter nicht nötig ist. „Wenn es ein Foulspiel gibt, brechen die Spieler automatisch ab.“ Zudem vermeide man das Problem, dass ein Schiedsrichter, der zumeist einer der beteiligten Trainer ist, beispielsweise bei einem Rückstand nur noch für „seine“ Mannschaft pfeift. Herbrig: „Solche Fälle gibt es leider immer wieder.“   

Auffällig war das vorbildliche Verhalten der Eltern. Es gibt nicht wenige Jugendspiele, bei denen es so viele Zurufe und Anweisungen von außen gibt, dass beinahe der Eindruck entsteht, jeder Spieler hätte seinen eigenen Trainer. Zu stillen Beobachtern sollen die Zuschauer jedoch nicht degradiert werden. Anfeuern und motivieren ist ausdrücklich erlaubt. Deshalb muss sich der anfangs erwähnte Besucher auch nicht grämen, wenn er einen Treffer demnächst wieder etwas intensiver bejubelt. Die Begegnung endete übrigens 3:2 für Marienheide. Besondere Vorkommnisse: keine.                  
  
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