LOKALMIX

Giftköder: Hundebesitzer schlagen Alarm

lw; 19.02.2020, 14:44 Uhr
Fotos: Lars Weber --- Julia Michael (li.) und Mareen Neumann gehen häufig mit ihren Hunden Lotte und Marlo auf den Waldwegen bei Helmerhausen spazieren, wo in den vergangenen Wochen mehrfach Giftköder gefunden wurden.
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Giftköder: Hundebesitzer schlagen Alarm

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lw; 19.02.2020, 14:44 Uhr
Wiehl – Innerhalb kurzer Zeit wurden in Bielstein mehrfach verdächtige Präperate auf Waldwegen gefunden – Ein Vierbeiner starb (AKTUALISIERT).

Von Lars Weber

 

Julia Michael ist vorsichtig geworden. Die Hundebesitzerin legt ihrer Hündin Lotte, wenn sie auf den Waldwegen bei Helmerhausen unterwegs sind, inzwischen einen Maulkorb an. Die Maßnahme kommt nicht von ungefähr. Vor rund drei Wochen wurde Michael von einer Bekannten kontaktiert. Ihr Hund habe blutigen Durchfall, erbreche auch Blut und sei ganz apathisch. Der Vierbeiner kam in die Tierklinik und kämpfte um sein Leben. Fast zur selben Zeit erreichte Michael die Nachricht, dass ein anderer Hund, der im selben Bereich Auslauf hatte, vergiftet worden sein soll – und an den Folgen starb. Michael alarmierte sofort ihre Bekannte. Der Hund wurde entsprechend behandelt. Er überlebte. Ebenso ein weiterer Hund, der kurz darauf die gleichen Symptome aufwies.

 

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Ein toter Hund, zwei verletzte Tiere, und das in nur einem Gebiet. In seinen 15 Jahren als Jagdaufseher in diesem Bereich hat Stefan Gebhardt das noch nicht erlebt. Zweimal wurden ihm in den vergangenen Wochen verdächtige Funde gezeigt, beide Male konnte er bestätigen, dass es sich um Rattengift handelt, das frei verkäuflich im Handel zu erwerben ist. Die fertigen Blöcke mit dem chemischen Granulat seien gut an den leuchtenden Farben, zum Beispiel pink, zu erkennen. „Die sind sehr auffällig.“

 

[Foto: Julia Michael --- Am vergangenen Donnerstag fand Julia Michael einen Giftköder.]

 

Die Wirkung trete erst verzögert ein. Wenn eine Ratte, die davon genascht hat, sofort tot umfallen würde, wären die Artgenossen gleich gewarnt. Bei Hunden kann es je nach Größe mehrere Stunden dauern, bis sich die ersten Symptome zeigten, so Gebhardt. Spätestens dann müsse sofort ein Tierarzt aufgesucht werden. „Wenn ein Hundehalter aber sieht, dass das Tier irgendwas am Wegesrand frisst, sollte besser gleich zum Arzt gegangen werden, damit das Gift seine Wirkung gar nicht erst entfalten kann.“ Er sieht nicht nur Hunde und die Tiere im Wald gefährdet. Wenn Familien im Wald spazieren sind, könnte das Gift auch in die Hände von Kindern geraten, befürchtet er.

 

[Sicherheit geht vor: Marlo trägt bei Spaziergängen im Wald den ungeliebten Maulkorb.]

 

Hundebesitzern rät Gebhardt, ihren Lieblingen einen Maulkorb anzulegen, wenn sie auf Nummer sicher gehen wollen, oder sie an der Leine zu halten. Um die Tierbesitzer zu sensibilisieren, hat er erlaubt, dass in seinem Revier Warnschilder aufgehängt werden dürfen. Das Engagement geht unter anderem auf Julia Michael und Mareen Neumann zurück. „Wir wollen keine Panik machen. Wir wollen einfach, dass jeder Hundehalter aufpasst und alle ermutigen, die etwas finden, dies beim Ordnungsamt oder beim Veterinäramt zu melden“, sagt Neumann, die selbst um Helmerhausen mit ihrem Hund Marlo unterwegs ist. Sie wollen sich nicht einschüchtern lassen. Trotzdem: „Ich schaue fast nur noch auf den Weg, ob ich was sehe, wenn ich mit Lotte unterwegs bin“, erzählt Julia Michael, die den zweiten bestätigten Giftköder selbst gefunden hat. „Es ist kein schönes Gefühl“, ergänzt Neumann.

 

[Warnschilder sollen Hundebesitzer auf die mögliche Gefahr hinweisen.]

 

Besonders über Facebook, unter anderem in der Gruppe Hundeforum Oberberg, tauschen sich die Hundebesitzer auch über dieses Thema aus, da es keine eindeutige Anlaufstelle gibt. Dort ist auch von Giftköder-Funden im Gebiet ums Wiehler Altenheim und die Warth zu lesen, auch bis Garderoth könnte es auf Waldwegen für Hunde gefährlich sein. Eine Bestätigung von offizieller Seite fehlt dafür. Beim Ordnungsamt im Wiehl wurde noch kein Bürger vorstellig. Der Polizei bekannt ist bislang nur der Fall des toten Hundes in Bielstein, der auch zur Anzeige gebracht wurde und untersucht wird. In diesem Fall habe ein Tierarzt eindeutig bescheinigen können, dass das Tier an einer Vergiftung gestorben ist. In den vergangenen zehn Jahren habe es 15 ähnliche Fälle gegeben. Die Polizei rät dazu, potenzielle Köder zu entsorgen. Viel mehr könne sie nicht machen. Denn solange kein Tier zu Schaden kommt, habe die Polizei strafrechtlich keine Handhabe.

 

Beim Veterinäramt des Oberbergischen Kreises habe sich bislang nur eine Spaziergängerin gemeldet, die von den Giftködern aber auch nur vom Hörensagen und Facebook Kenntnis hatte, so die Kreisverwaltung auf Nachfrage. Im Falle des getöteten Hundes sei der Verdacht auf Vergiftung durch die behandelnde Ärztin getätigt worden. "Die Diagnose wurde aber nicht bestätigt, da weder eine Sektion des toten Hundes noch eine Untersuchung auf Giftstoffe eingeleitet wurde." In der Vergangenheit seien vereinzelte Hinweise über Giftköder gemeldet worden. "Es handelte sich meist um vage Hinweise, die weder durch Zeugen noch durch erkrankte, vergiftete Tiere bestätigt wurden. Nachgewiesene Vergiftungsfälle sind in den letzten Jahren nicht bekannt geworden", sagt Dr. Stefan Kohler, Leiter des Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamts.

 

Kohler gibt auch Tipps, was zu tun ist, wenn ein möglicher Giftköder gefunden wird. "Sobald eine Meldung über Giftköder bekannt ist, sollten Hundehalter im betroffenen Gebiet mit ihrem Hund nur angeleint oder mit Maulkorb spazieren gehen." Die ersten Ansprechpartner seien die Ordnungsämter der Städte und Gemeinden, die die örtlichen Verhältnisse am besten kennen, Schilder aufstellen und warnen können sowie eventuell selber die verdächtigen Gebiete absuchen. "Bei bereits eingetretenen Vergiftungsfällen sollte Strafanzeige bei der Polizei gestellt werden, der auch aufgefundene Giftköder gebracht werden können. Die Veterinäruntersuchungsämter untersuchen leider keine Giftköder, sodass das Veterinäramt auch bei Funden potentieller Giftköder nicht mit einer Analyse weiterhelfen kann." Stirbt ein Tier, könne eine Sektion weiteren Aufschluss über die Art der Vergiftung geben. Dazu könnten die Tiere vom Tierhalter direkt zu einer tierärztlichen Hochschule gebracht werden, zum Beispiel zur Uni Gießen, oder über das Veterinäramt zu einem Veterinäruntersuchungsamt weitergeleitet werden, so Kohler.

 

Wer die Giftköder auslegen könnte, darüber können Julia Michael, Mareen Neumann oder auch Stefan Gebhardt nur spekulieren. Menschen, die sich über nicht beseitigte Hundehaufen aufregen oder die vielleicht schlechte Erfahrungen mit den Vierbeinern gemacht haben, könnten dahinter stecken. Aber dass der oder die Schuldigen gefunden werden, glauben sie ohnehin nicht. Letztlich hoffen sie vor allem, dass es zu keinen weiteren verletzten oder gar toten Tieren kommt.

KOMMENTARE

1

Es macht mich betroffen das Menschen zu solchen Mitteln greifen. Hier wird der Hass (ggf. auf sich selbst) auf andere Projeziert. Tickende Zeitbomben die auch zu anderen Taten fähig sind!!

Peter G., 18.02.2020, 16:35 Uhr
2

Es fehlen einfach nur die Worte! Junge was geht in deinem Kopf vor?!?!

Wiehler, 19.02.2020, 01:39 Uhr
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